In den späten 1970er und 1980er Jahren begann Elena Lacková mit der Erzählung ihrer Lebensgeschichte an Milena Hübschmannová – ihrer Freundin und zugleich die Leitfigur der Romani Studies in der damaligen Tschechoslowakei. Hübschmannová protokollierte die Geschichten und übersetzte sie aus dem Romanes ins Tschechische. Die [Veröffentlichung des Buches unter dem Titel »Narodila jsem se pod šťastnou hvězdou« (›Ich wurde unter einem glücklichen Stern geboren‹) entstand jedoch erst im Jahr 1997, gefolgt von der englischen Übersetzung unter dem Titel »A False Dawn« im Jahr 2000.
Das Buch berichtet von Lackovás Leben seit ihrer Kindheit in der Roma-Siedlung bis zu ihrer Pensionierung im Jahr 1980. Es ist die Lebensgeschichte einer außerordentlich begabten und willensstarken Romni vor dem Hintergrund der tschechoslowakischen Zeitgeschichte des 20. Jahrhunderts. Durch diese Linse wird Lackovás Schicksal repräsentativ für die gesamte Roma-Gemeinschaft in der ehemaligen Tschechoslowakei.
Der Text erfasst das verstörende Spannungsfeld zwischen einerseits Elena Lackovás politischer Haltung als Kommunistin in ihrer Stellung als öffentliche Bedienstete, die an der Umsetzung der staatlichen Politik gegenüber den Rom_nja als Bürger_innen der sozialistischen Tschechoslowakei beteiligt ist, und andererseits ihrer persönlichen Einstellung zum Leben, ihrem in Traditionen, Werten und Hierarchien der Rom_nja der ländlichen Slowakei verankerten Bewusstsein. Die Erzählung spiegelt auch ihre Entschlossenheit wider, zur Verbesserung der Situation der lokalen Gemeinschaften der Rom_nja beizutragen, die von den kommunistischen örtlichen Behörden der Nachkriegszeit verfolgt, isoliert und ignoriert wurden. Dieser Erfahrung entspringt auch ihre Bereitschaft und Entscheidung, sich an der Emanzipationsbewegung der Rom_nja zu beteiligen.
Als eine Frau, die sich durch ihre Arbeit als sozialistische Staatsbeamtin emanzipierte, reflektiert die Geschichte auch Lackovás Geschlechterperspektive. Sie zeigt die allgemeine Unumgänglichkeit auf, Konflikte mit dem Konservativismus und der Tradition der eigenen Familie zu erleiden, aber auch ihre Fähigkeit, diese auszuverhandeln.
In ihrer Übersetzung gelang es Milena Hübschmannová, den Reiz der einfachen Erzählung mit einer geradlinigen und zuweilen repetitiven, aber zugleich sehr kultivierten Sprache einzufangen. Die Innenperspektive wird durch eingefügte Begriffe aus der Sprache der Rom_nja für spezifische Wahrnehmungen – wie zum Beispiel wichtiger historischer Ereignisse, kultureller Traditionen und sozialer Praktiken – gestärkt. Dieser Effekt entsteht auch durch die Einbettung von Sprichwörtern und idiomatischen Phrasen aus dem Romanes, wie sie von Lacková zur Veranschaulichung bestimmter Momente und zur Erklärung ihrer Standpunkte verwendet wurden.
Quelle der Textproben
Lacková, Elena. 2000. A False Dawn. My Life as a Gypsy Woman in Slovakia. Hatfield: University of Hertfordshire Press, S. 143–153.