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Blood Wedding

Dragan Ristic | Blood Wedding | Ungarn | 2000 | the_30003

Licensed and provided by: Dragan Ristic I Licensed under: CC-BY-NC-ND 4.0 International

Dragan Ristic | Blood Wedding | Ungarn | 2000 | the_30003 Licensed and provided by: Dragan Ristic I Licensed under: CC-BY-NC-ND 4.0 International

Credits

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Synopsis

Federico García Lorcas »Bodas de sangre« (›Bluthochzeit‹, 1933), eine klassische Tragödie über eine junge Frau und zwei Männer, die um ihre Liebe kämpfen, wird in der Adaption auf Romanes zu einer leidenschaftlichen, bunten, ehrlichen und hochmotivierten Produktion. In dieser Tragödie aus Spanien wird ein ganzes Gebäude raumübergreifend zum Schauplatz gemacht – mit dem hypnotisierten Publikum im Schlepptau. Der Innenhof wird für die Hochzeitsbankettszene genutzt, und den Zuschauer_innen hat man Reis ausgehändigt, den sie dem Brautpaar zuwerfen.

Es ist ein Stück, in dem grundlegende – halb erklärte, halb verstandene – Fragen der Selbstdefinition ausgehandelt werden. Viele dumme, romantische Vorurteile werden dabei auf praktische Weise korrigiert. Dafür wird das eigene künstlerische Medium bekämpft, um zu einem Ausdruck für sich und die unschuldigen Tatsachen zu gelangen. Vareso Avers Performance »Bodas de sangre« nähert sich den zwei großen Themen Liebe und Tod so leidenschaftlich, mit so viel rohem Schmerz, dass man als Zuschauer_in Angst hat, dass die Schauspieler_innen und der Regisseur verrückt werden. Die Aufführung auf Romanes erweitert das Stück weit über den üblichen Rahmen des exotischen Sprechtheaters hinaus und lässt es zu einer realen Erfahrung mit emotionalen Explosionen von Schauspieler_innen und Publikum werden. Ins Romanes übertragen sind Lorcas Sätze fähig, alles, was in einer verzärtelten Aufführung auf einer Guckkastenbühne als unwichtig angesehen würde, zu absorbieren.

Zu Beginn des Stücks ist es für die Zuschauer_innen noch ein wenig ungewohnt, wegen der dramaturgischen Anforderungen zwischen den Räumen hin und her zu wandern. Aber schon bald akzeptiert das Publikum aufgrund der Art und Weise, wie die Schauspielerinnen sich selbst finden, die Illusion. Judit Jonas, die die Mutter des Bräutigams spielt, agiert mit so viel Disziplin und Intelligenz, dass sie das Tempo der gesamten Aufführung bestimmt. Die Frau, die so viel gelitten hat, humpelt langsam in Richtung Tragödie. Sie weiß schon alles, hofft aber immer noch auf einen anderen Ausgang. Es ist schön, wie sich aufgrund ihrer Allmacht die finale Katastrophe an die anderen Charaktere heftet. An Nora Parti, die Braut, die eine verfluchte Liebe in ihrem Herzen hegt. An Balas Devai, den Bräutigam, der auch etwas spürt, sich aber bereitwillig in die Hände des Schicksals begibt. An Rudolf Baloghs Leonardo, der aussieht, als ob er die Kraft des Leidens in aller Tiefe verstanden hat.

Während die Ereignisse voranschreiten, wird das Stück immer subtiler und überzeugender. Izabella Varga winselt voller Schmerz. Und die Laiendarstellerin Krisztina Sakrozi ist – dank ihrer Fähigkeit, die Wendungen der Geschichte so zu durchleben, als seien sie real – wirklich bewegend. In der subtilen inszenatorischen Auflösung steckt so viel: das außergewöhnlich rare Ereignis, die Armut, die fehlenden Lichter, der Wechsel der Schauplätze, die Erdung des ganzen Kampfes. Da sind die sich auflösenden und elegant zurückgehaltenen Emotionen, das freie und lebendige Spiel, die um ihr Glück kämpfenden Held_innen und die große Last des Verlustes. Das Ergebnis ist ein Triumph. Die Aufführung der Roma-»Bluthochzeit« besitzt viele Bedeutungsebenen, birgt tiefen Sinn und verschafft wahres Vergnügen.

Anđelija Tanasijević (2018-01-05)

Details

Land
Produktion
circa 2000
Produktionsstab
Objektnummer
the_30003

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