Die zehn Kurzgeschichten aus dem Zyklus »Das verlorene Land« von von Luminiţa Cioabă zeigen eine interessante Verstrickung oral tradierter Kulturmotive und Glaubensvorstellungen mit dem Imaginären. Der Zyklus wurde in einer mehrsprachigen Ausgabe (Romani, Rumänisch, Englisch, Deutsch) veröffentlicht (Cioabă 2002).
Wie Luminiţa Cioabă selbst angemerkt hat, sind ihre Prosaarbeiten von den Narrativen und Geschichten, mit denen sie bei den Kalderasch aufgewachsen ist, beeinflusst. In ihren Werken werden diese mündlichen Kulturmotive jedoch nicht einfach nacherzählt, sondern sie werden schöpferisch nachgebildet und verschoben, um in neue Geschichten mit dynamischen Handlungen und magischen Ereignissen verwandelt zu werden.
Trotz des höchst individualistischen Charakters von Luminiţa Cioabăs Werken beobachten wir in den Geschichten auch Themen und Erzählungen, die in der mündlichen und schriftlichen Kultur von Rom_nja auf der ganzen Welt zu finden sind: die Frage, warum Sinti und Roma keinen eigenen Staat haben; das hohe Maß an Glauben, Gottesfurcht und Angst vor dem Übernatürlichen; der Respekt vor den Ältesten und Weisen; die Macht des Schicksals; die Ungerechtigkeit, mit der sich Sinti und Roma unter den Nicht-Rom_nja konfrontiert sehen; der Mangel an Zugehörigkeit und das durch diese Umstände bedingte Leid. Hinzu kommen Motive, die sich in Märchenerzählungen weltweit finden: Verwandlungen von Menschen in Tiere; magische Kräfte, die in die Welt der Lebenden eingreifen; menschliche Aufopferung und Schicksal.