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»Erstatten wir Anzeige wegen ›Verbrechen gegen die Menschlichkeit‹«

Emilie Schade | »Erstatten wir Anzeige wegen ›Verbrechen gegen die Menschlichkeit‹« | Selbstbeweis | Deutschland (britische Besatzungszone) | 22. Januar 1946 | voi_00048

Rights held by: Emilie Schade | Provided by: State Archive North Rhine-Westphalia NRW (Münster/Germany) | Archived under: Westphalia section / Q 226 / Department of Public Prosecution Siegen / No. 38 / P. 4–6 [KF] PERSONAL RIGHTS Decision (IR) After consultation with attorney Bernd Hoffmeister: Letter will be published as it is a historical document. [ML/05.12.2018]

Berleburg, den 22. Januar 1946.
Der
Staatsanwaltschaft
S i e g e n / Westf[alen]

Auf Grund des Gesetzes Nr. 10 des [A]lliierten Kontrollrats vom 24.12.45 erstatten wir, die unterzeichneten August Andres, Berleburg, Lause, und Ehefrau Emilie Schade, ebenda

S t r a f a n z e i g e

gegen die nachstehend aufgeführten Personen:

1.) Landrat [Otto] Marloh, Berleburg[,] z.Zt. in politischer Haft,
2.) Bürgermeister Dr. [Theodor] Günther, Berleburg, z.Zt. Gefangenschaft,
3.) Stadtinspektor [Hermann] Fischer, Berleburg,
4.) Stadtinspektor Karl-Heinz Sauer, Berleburg,
5.) Kreisobersekretär [?] Markovsky, Berleburg,
6.) Kreisarzt Dr. [Robert] Goedecke, Berleburg, z.Zt. in politischer Haft,
7.) Kreisleiter [Norbert] Roters, in politischer Haft,
8.) Zahnarzt Dr. Otto Nölke, Berleburg, z.Zt. in politischer Haft,
9.) Gend.-Meister [Wilhelm] Gollombiewsk[i], Berleburg, z.Zt. politisches Lager,
10.) Lehrer [Gustav] Hoffmann, Berleburg,
11.) Lehrer [Ernst] Graf, Raumland, z.Zt. politisches Lager,

wegen Verstoßes gegen Ziffer 3 des obigen Gesetzes
»Verbrechen gegen die Menschlichkeit«.

Die vorstehend aufgeführten Personen sind die Schuldigen an der Aktion gegen die Zigeuner, die am 9.3.1943 mit der Festnahme und Ueberweisung sämtlicher sog[enannter] Zigeuner im Kreise Wittgenstein in die KZ.-Läger ihren Höhepunkt erreichte. Die Festgenommenen wurden unter der Vorspiegelung, sie sollten im Osten angesiedelt werden, in der Nacht vom 8. auf den 9. März 1943 von einem großen SA- und Polizeiaufgebot aus ihren Betten geholt[,] auf einem Fabrikgelände in Berleburg zusammengetrieben, in Güterwagen verladen und in der Hauptsache dem Konzentrationslager Auschwitz zugeführt. Etwa 135 Personen sind hier oder in anderen L[a]gern zu Tode gekommen, lediglich 9 Personen haben die furchtbaren Qualen und Strapazen überstanden und sind zurückgekehrt.

Die Aktion gegen die Zigeuner mag von Reichs wegen befohlen worden sein, ihren Ausgangspunkt hat die ganze Angelegenheit aber zweifelsfrei bei den Behörden bez[iehungsweise] Parteistellen des Kreises Wittgenstein, speziell in Berleburg[,] gehabt. Diese Stellen allein sind für das Geschehene verantwortlich, da sie für alles [S]pätere die Ursache gesetzt und den Grund gesetzt haben.

Schon bald nach der Machtübernahme und im Zusammenhang mit den Rassegesetzen wurde in Wort und Schrift von den genannten Stellen auf die Zigeunersiedlungen im hiesigen Bezirk hingewiesen und aus der Sache ein Problem gemacht, das es unter allen Umständen zu bereinigen gälte. Es wurde von der Lause als dem Schandfleck des Kreises Wittgenstein gesprochen, und besonders der damalige Bürgermeister Dr. Günther stellte in rassekundlichen Aufsätzen, die in den namhaftesten Zeitschriften des Reiches erschienen, das angebliche Zigeunerproblem des Kreises immer wieder zur Debatte und machte weiteste Kreise aufmerksam. Sogenannte Rasseforscher, die von den hiesigen Behördenstellen herangeholt wurden[,] taten ein Übriges[,] und so reifte dann allmählich der Erfolg heran, den man beabsichtigte, nämlich die oben schon erwähnte Aktion vom 9.3.1943.

Schon vorher hatte man die sog[enannten] Zigeuner in der Öffentlichkeit deklassiert und ihnen in jeder nur möglichen Weise zum Bewusstsein gebracht, dass sie minderen Rechts seien.

Nur einige Beispiele mögen das belegen:
Die Partei- und Behördenstellen Berleburgs verhängten gegen die Siedlung das sog[enannte] Sperrverbot. Man setz[t]e für die Anwohner der Lause bestimmte Einkaufszeiten fest, es folgten das Reiseverbot, das Verbot zum Besuch von Gaststätten und Kinos, die Ausschaltung von jeglicher Sonderzuteilung an Lebensmitteln und dergl[eichen]. Die Reichsbahn wurde veranlasst, auf der Strecke Berleburg – Erndtebrück einen besonderen Wagen, den Zigeunerwagen, einzusetzen, und dergl[eichen] mehr. Auf das Betreiben der hiesigen verantwortlichen Stellen, die immer erneut die Dinge an die Öffentlichkeit zerrten, ging im Kriege au[ch] die Ehrlosmachung der zur Wehrmacht eingezogenen männlichen Personen durch Ausstoßung aus dem Heeresdienst zurück. Baustein auf Baustein wurde zusammengetragen, bis am 9.3.43 im Zuge der mit diesem Tage angeordneten Verschleppungsaktion das letzte Ziel erreicht war.

Die in der Anzeige aufgeführten Personen haben sich durch Wort und Tat, womit sie sich an der Aktion beteiligten, in gleicher Weise für die Vernichtung und qualvolle Ausrottung der sog[enannten] Zigeuner eingesetzt. War es der Bürgermeister Dr. Günther zunächst durch seine rassepolitischen Veröffentlichungen, so war[en] es später er und die anderen durch Beschlussfassungen und drakonische Maßnahmen. So erklärte der Stadtinspektor Fischer gelegentlich: [»D]er Berg muss ausgerottet werden[«], ein anderes Mal äußerte er: [»D]ie Leute kommen im Leben nicht wieder« (die angeblich im Osten siedeln durften). An einer maßgeblichen Sitzung im hiesigen Landratsamt, in der die Auslese der für die Verschleppung vorgesehenen Personen getroffen wurde, nahmen teil:

1.) Landrat Marloh,
2.) Inspektor Fischer,
3.) stellvertretender Bürgermeister C.H. Schneider,
4.) Kreisarzt Dr. Goedecke,
5.) Rektor Fuchs,
6.) Lehrer Graf,
7.) Schwester Emma [Rittershaus].

Der Inspektor Carl-Heinz Sauer war es, der anschließend an die Verschleppung mit brutaler Rücksichtslosigkeit die Vermögen, insbes[ondere] den Hausrat der Betroffenen, [ein]zog. Lehrer Hoffmann fuhr wiederholt nach Berlin, um über das Reichskriminalpolizeiamt die Verschleppung zu erwirken. Sie alle haben sich, der eine mehr, der andere weniger, an dem furchtbaren Massensterben, dem rund 135 Menschen zum Opfer fielen, schuldig gemacht.

Folgende Personen werden als Zeugen benannt:

a) die 9 aus den [Konzentrationslagern] Zurückgekehrten:
1.) Anton Rebstock,
2.) A [anonymisiert],
3.) August Wick,
4.) L [anonymisiert],
5.) M [anonymisiert],
6.) K [anonymisiert],
7.) Ernst Janson,
8.) W [anonymisiert],
9.) H [anonymisiert],
alle in Berleburg,

b) die nachstehenden Personen:
1.) Frau Frieda Hess, hie[r], Haspelstraße,
2.) Frau Erna Brück, hier, Trufterhainstr. 6,
3.) Paul Schade, hier, Trufterhainstr. 10,
4.) Frau Elisabeth Hunstein, hier, Lause Nr. 15,
5.) August Trapp, hier, Lause,
6.) Pfarrer Schiffer, Sommerseil [bei] Steinheim,
7.) Rektor Fuchs, Berleburg,
8.) Kaufmann C.H. Schneider, Berleburg,
9.) Gend[armerie]-Oberleutnant [Wilhelm] Köster, Berleburg,
10.) Wilhelm Mettbach, hier, Trufterhainstr. 11,
11.) Konrad Mettbach, hier, Trufterhainstr. 13,
12.) K [anonymisiert],
13.) Karl Rebstock, Berleburg, Lause.

Es wird noch darauf hingewiesen, um die Maßnahmen in ihrer ganzen Grausamkeit und Brutalität zu kennzeichnen, dass die angeblichen Zigeuner seit etwa 200 Jahren im hiesigen Bezirk auf eigener Scholle leben, also sesshaft waren und mit den tatsächlichen vagabundierenden Zigeunern nichts gemein hatten, dass sie entweder in der eigenen Landwirtschaft oder in fremden Diensten Arbeit und Brot fanden, also sozial einwandfrei lebten, dass sie trotz aller Nachweise, dass sie nur zu einem kleinen Prozentsatz Mischlinge oder gar reine Arier waren, vor ihren Verderbern keine Gnade fanden, und dass es schließlich in der Hauptsache kleine unschuldige Kinder gewesen sind, die dem Verderben preisgegeben wurden.

Emilie Schade geb. Rebstock
August Andres

Berleburg, 22 January 1946.

Department of Public Prosecution
S i e g e n / Westph[alia]

On the basis of Law No. 10 issued by the Allied Control Council on 24.12.45, we, the undersigned, August Andres, Berleburg, Lause, and his wife, Emilie Schade, of the same place, herewith file the complaint concerning

the persons listed below:

1.) Regional authority head [Otto] Marloh, Berleburg[,] currently in political detention,
2.) Mayor Dr [Theodor] Günther, Berleburg, currently imprisoned,
3.) Inspector [Hermann] Fischer, Berleburg,
4.) Inspector Karl-Heinz Sauer, Berleburg,
5.) District senior secretary [?] Markovsky, Berleburg,
6.) District physician Dr [Robert] Goedecke, Berleburg, currently in political detention,
7.) District head [Norbert] Roters, in political detention,
8.) Dentist Dr Otto Nölke, Berleburg, currently in political detention,
9.) Gendarme leader [Wilhelm] Gollombiewsk[i], Berleburg, currently in a political camp,
10.) Teacher [Gustav] Hoffmann, Berleburg,
11.) Teacher [Ernst] Graf, Raumland, currently in a political camp,

pertaining to the violation of Paragraph 3 of the aforementioned law
‘crimes against humanity’.

The aforementioned persons are guilty of the operation launched against Sinti and Roma that reached its climax on 9.3.1943 with the arrest and transfer of all so-called ‘Gypsies’ in the Wittgenstein district to the concentration camps. The persons detained were hauled out of their beds by a large detachment of SA and police during the night of 8–9 March 1943, on the pretence that they were to be resettled to the East, herded together at a factory site in Berleburg, loaded into goods wagons and in the main sent to the Auschwitz concentration camp. Some 135 persons were killed there or in other camps; only 9 persons have survived the awful torments and tribulations and returned.

While the operation against the Sinti and Roma may have been ordered by the Reich authorities, the whole affair was undoubtedly started by the local authorities and party offices of the Wittgenstein district, particularly in Berleburg. These offices are solely responsible for what happened because they furnished the cause for all that took place later and laid the foundations.

Almost immediately after the takeover of power and in connection with the race laws, the named offices referred in both speech and writing to the ‘Gypsy settlements’ in the district and made a problem out of the matter that they claimed needed to be eradicated at any price. Lause was spoken of as a blight on the Wittgenstein district and the then mayor Dr Günther in particular repeatedly put up the district’s alleged ‘Gypsy problem’ for debate in racial science essays published in the Reich’s most renowned journals and drew the attention of ever-wider circles. So-called race researchers, called in by the aforementioned offices, did the rest, so that gradually the success matured that was intended, namely the operation launched on 9.3.1943 mentioned above.

Even before this, the so-called ‘Gypsies’ were degraded in public and they were made aware in every way possible that they had less rights.

Just a few examples as proof:
The Party and district authority offices in Berleburg imposed the so-called lockout ban. Restricted shopping hours were imposed on Lause residents, this was followed by a travel ban, a ban on going to inns and cinemas, the cutting off of any special allotment of food rations and the like. The Reich Railways were instructed to introduce a special carriage on the line between Berleburg and Erndtebrück, the ‘Gypsy carriage’, and so forth. It was at the instigation of the local responsible authorities, who continually dragged things into the public eye, that the male persons drafted into the German Army during the war were then excluded from serving, bringing dishonour and shame. Brick by brick was laid for what was then achieved as the final goal on 9.3.43 with the rounding up and deportation ordered on this day.

The persons listed in the complaint have in word and deed, whereby they took part in the operation, actively contributed to the extermination and horrific obliteration of the so-called ‘Gypsies’. If at first it was the mayor, Dr Günther, through his publications on race policy, later it was himself and the others through imposing decrees and draconian measures. Occasionally Inspector Fischer declared: ‘The pile has to be eradicated’, another time he said: ‘That lot won’t be reappearing again’ (referring to those allegedly permitted to resettle in the East). Those taking part in a decisive meeting at the local district office, during which the selection was made as to which persons were to be deported, were:

1.) Regional authority head Marloh,
2.) Inspector Fischer,
3.) Deputy Mayor C.H. Schneider,
4.) District physician Dr Goedecke,
5.) School principal Fuchs,
6.) Teacher Graf,
7.) Sister Emma [Rittershaus].

It was Inspector Carl-Heinz Sauer who, displaying a brutal ruthlessness, then seized the possessions, in particular the personal and household effects of the deportees, during the operation. Hoffmann, the teacher, travelled repeatedly to Berlin to get the Reich Criminal Police to undertake the deportation. All of them are, some more, some less, guilty for the terrible mass killing that cost around 135 persons their lives.

The following persons are named as witnesses:

a) the 9 who returned [from the concentration camps]:
1.) Anton Rebstock,
2.) A [anonymised],
3.) August Wick,
4.) L [anonymised],
5.) M [anonymised],
6.) K [anonymised],
7.) Ernst Janson,
8.) W [anonymised],
9.) H [anonymised],
all resident in Berleburg,

b) the following persons:
1.) Mrs Frieda Hess, of here, Haspelstraße,
2.) Mrs Erna Brück, of here, Trufterhainstr. 6,
3.) Paul Schade, of here, Trufterhainstr. 10,
4.) Frau Elisabeth Hunstein, of here, Lause 15,
5.) August Trapp, of here, Lause,
6.) Reverend Schiffer, Sommerseil [bei] Steinheim,
7.) School principal Fuchs, Berleburg,
8.) Businessman C.H. Schneider, Berleburg,
9.) Gendarme Lieutenant [Wilhelm] Köster, Berleburg,
10.) Wilhelm Mettbach, of here, Trufterhainstr. 11,
11.) Konrad Mettbach, of here, Trufterhainstr. 13,
12.) K [anonymised], of here, Lause 14,
13.) Karl Rebstock, Berleburg, Lause.

It also needs to be pointed out, in order to characterise the cruelty and brutality of the measures adequately, that the purported ‘Gypsies’ have lived for some 200 years in the local district on their own piece of turf, in other words they were long settled and had absolutely nothing in common with vagabonding ‘Gypsies’, that they earned their livelihoods on their own farms or worked for others, in other words they were socially irreproachable in their behaviour, that despite all the proof they mustered that they were only to a small per cent of mixed blood or indeed were even pure Aryan, no mercy was shown by their destroyers, and that ultimately in the main it was small innocent children who were abandoned to destruction.

Emilie Schade née Rebstock
August Andres

Berleburg, 22. Januar 1946 berš.

Themeski advokatura
S i e g e n / Westfalija

Upral o fundo kotar o kanuni Nr. 10 kerdino kotar o Kethanutno Kontrolako Konsilo ko 24. 12. 45, amen e tele skrinisarde August Andres, Berleburg, Lause, thaj leski rromni Emilie Schade, das po

K r i s

e tele leparde manušen :

1.) Themesko šerutno [Otto] Marloh, Berleburg[,] akana ko politikano phanglipe,
2.) Forosko šerutno Dr [Theodor] Günther, Berleburg, akana phanglo,
3.) Forosko Inspektori [Hermann] Fischer, Berleburg,
4.) Forosko Inspektori Karl-Heinz Sauer, Berleburg,
5.) Thanesko upruno sekretari [?] Markovsky, Berleburg,
6.) Thanesko sastjari Dr [Robert] Goedecke, Berleburg, akana ko politikano phanglipe,
7.) Thanesko šorutno [Norbert] Roters, ko politikano phanglipe,
8.) Dandengo sastjari Dr Otto Nölke, Berleburg, akana ko politikano phanglipe,
9.) Žandarmerijako šorutno [Wilhelm] Gollombiewsk[i], Berleburg, akana ko politikano Lager,
10.) Sićari [Gustav] Hoffmann, Berleburg,
11.) Sićari [Ernst] Graf, Raumland, akana ko politikano Lager,

Sebet kodo kaj phagle o paragrafo 3, kotar o kanuni so sas upre lepardo sar
»kerdi džung po manušnipe«.

E upre leparde manuša si došale vaš e akcija so sas kerdi mamuj e Sintora thaj e Rroma ko than Wittgenstein savi so reslas pesko hornipe ko 9. 3. 1943 kana sas savore phangle thaj transferime ando Koncentracijako Lager e manuša anavne sar »Zigeuner«. Vakarindos kaj ka oven pe aver than ingarde, pe dizjorig te bešen, akala phangle manuša sas andar e patura sovibastar vazdine kotar e SA thaj policija pe raći maškar 8. thaj 9. Marto 1943 berš, thaj si kedine ki fabrikaki avlin ko Berleburg, čhute olen ande vagonura thaj bičhalde ando Koncentracijako Lager Auschwitz. Olendar 135 manuša sas mudarde odori vaj ande avera Lagerja; numa 9 manuša olendar ačhile dživde kotar e daravni džung thaj e xoli, kola so šaj irindepe palpale.

Vaš kodi operacija mamuj e Sintora thaj e Rroma šaj kaj e komanda avilas kotar o Rajho, numa i sasti buti kerde e lokalutne šerutne thaj e partijake institucije ando Wittgenstein than, specijalno ando Berleburg. Kadala institucije legarde i doš pe peste vaš kodo so avilaspe dureder, kaj olendar avilas kodi mudarimaski ideja thaj von dije i funda vaš kodo so kerdilaspe dureder.

Kana kadala institucije lije i zor upral peste thaj džandos pala e rasake kanunija, von vi alavenca vi hramondes lije bilačhi sama pe »Zigeuner - mahale « ando kodo than thaj kodolestar kerde problemo savo so musaj sas te šulavdol. Vaš o than Lause vakardolas sar katar o ladžavno than ko Wittgenstein thaj majbut e forosko Šerutno o Dr Güntherin delas sama upral e rasaki tema ande tekstura save sas publicirime ande Rajhoske pindžarde žurnalura, thaj o Zigeuner-problemo lelas ki debata thaj avere thanen crdelas te len sama pe kodo. Thaj e anavne Rasikane sićara, so akhardine sas katar e upre leparde kancelarije, lokhes resle pesko resin thaj šaj kerilaspe i opreacija ko 9. 3. 1943 berš, upre lepardi ando teksto.

Vi angleder, e anavne »Zigeuner« sas kotar o them teljarde thaj pe sa riga an lengo džanipe si sikavde kaj si len majtikne hakaja.

Numa nekobor misala so mothaven kado:
E Partijake themutne kancelarije ando Berleburg ande kanuno vaš kodo kana šaj e manuša andar o than avri te džan. E manušenge so trajinas ando Lause dende si restriktovime kinibaske časura, pala kodo si kerdi restrikcija pala o dromaripe, o džape ende kafane, o džape ando kino, čhindo si o bilovengo xamasko lendipe thaj aver. E Rajhoske trenoske sas phendo te keren jekh specijalno vagoni ko treno so nakhelas maškar o Berleburg thaj Erndtebrück, bušindos oles sar »Zigeuner vagoni«, thaj gasave te kerdon vi majbut. Sebet o prasape katar e lokalutne institucije thaj ande manušenge jakha kaj dopherenas i džung, e murša saven sas berša te džan ande Armija sas ladžakerde thaj paldime. Lokheste, phundro pala phundro kethanes avilas kodo so sas o majdurino resin, dži ko 9. 3. 43 sas kerdi deportacijaki akcija, pe kodo dives sas dendi komanda vaš olate.

E manuša kaske anava si pe lista thaj save so lije than ande kodi akcija, aktivno sas hamime ando mudaripe upral kadala saven so akharenas sar »Zigeuner«.Te sas kado majanglunes o Dr. Günther trujal leske ikaldine publikacije vaš i rasaki politika, pala leste thaj kethanes olesa vi avera kerde dekretura thaj džungale bilačhe buća. Butivar o inspektoro Fischer vakardas: »Kodo brego trubuj te xasavol«, aver drom palem, phenelas: »Kodola manuša ni ka aven palpale ko trajo jekhvar nikana « (gindos vaš kadala so sas bičhaldine, baj te bešen pe dizjorig). Ko jekh bešipe ko lokalutni thaneski institucija, save so kerde kadi buti vaš e manušengi deportacija, lije than:

1.) Themesko šorutno Marloh,
2.) Inspektori Fischer,
3.) Forosko telišerutno C.H. Schneider,
4.) Thanesko sićari Dr Goedecke,
5.) Rektori Fuchs,
6.) Sićari Graf,
7.) Khangiraki phen Emma [Rittershaus].

O inspektori Carl-Heinz Sauer sas kodo manuš savo so sikavdas baro brutaliteto thaj savo so lijas sa e manušengo mangin. O sićari Hoffmann, nakhlas butivar ando Berlino te rodel kotar e Rajhoski kriminalutni Policija te šaj kerel kodi deportacija. Savore von, vareko buteder, vareko majcera, si došale vaš o džungalo masovno murdaripe, savo 135 manušengo trajo xasardas.

Kadala manuša si mujalne so sa dikhle kodo:

a) e 9 manuša so irandepe [andar o Koncentracijako Lager]:
1.) Anton Rebstock,
2.) Alfons Rebstock,
3.) August Wick,
4.) Lonie Wick,
5.) Martha Janson,
6.) Karl Dickel,
7.) Ernst Janson,
8.) Walter Janson,
9.) Hugo Heckler,
Savore ando foro Berleburg,

b) Kadala manuša:
1.) Rani Frieda Hess, akatar, Haspelstraße,
2.) Rai Erna Brück, akatar, Trufterhainstr. 6,
3.) Paul Schade, akatar, Trufterhainstr. 10,
4.) Rai Elisabeth Hunstein, akatar, Lause 15,
5.) August Trapp, akatar, Lause,
6.) Khangirutno Schiffer, Sommerseil [ko] Steinheim,
7.) Rektor Fuchs, Berleburg,
8.) Biznismeno C.H. Schneider, Berleburg,
9.) Džandarmengo upruno oficiro [Wilhelm] Köster, Berleburg,
10.) Wilhelm Mettbach, akatar, Trufterhainstr. 11,
11.) Konrad Mettbach, akatar, Trufterhainstr. 13,
12.) Karl Janson, Lause 14,
13.) Karl Rebstock, Berleburg, Lause.

Trubuj vi te vakarelpe, te šaj dikhlolpe o džungalipe thaj o brutaliteto katar e buća so kerdine sas, kaj e kadija anavne »Zigeuner« perdal 200 berš trajinas ande kodo than an pengo than, von sas bešutne kote thaj naj sas olen khanči kethano ke phirutne »Zigeuner«, von kerenas korkore penge love kerindos buti ande pengo bustanaripe, ja palem ke aver buća lenas pengo maro, socijalnes uže trajonas, vi kodo so šaj jekh tikno procento kotar hamimo rat, vaj sas čače Arijavutne, kotar olenge dušmanura naj sas sikavdo varesavo lačhipe, thaj ko agor kodo sas numa cikne bidošale čhavore, so bičhalde si ando džungalipe thaj mudaripe.

Emilie Schade bijandi Rebstock
August Andres

Credits

Rights held by: Emilie Schade | Provided by: State Archive North Rhine-Westphalia NRW (Münster/Germany) | Archived under: Westphalia section / Q 226 / Department of Public Prosecution Siegen / No. 38 / P. 4–6 [KF] PERSONAL RIGHTS Decision (IR) After consultation with attorney Bernd Hoffmeister: Letter will be published as it is a historical document. [ML/05.12.2018]

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Lesung des Selbstzeugnisses von Emilie Schade und August Andres
4.26 min
voi_00108
Lesung des Selbstzeugnisses von Emilie Schade und August Andres | Spoken word | Deutschland | 2018 | voi_00108
DE

Kontextualisierung

Rassistische Diskriminierung vor Ort – Wegbereiter der Vernichtung

Im Kreis Wittgenstein lebten seit der Mitte des 18. Jahrhunderts Sinti, deren Nachkommen seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert in die Nähe der späteren Kreisstadt Berleburg zuzogen. Die Bewohner_innen der seitdem auch »Zigeunerkolonien« genannten zwei Ansiedlungen waren seit 1933 der rassistischen Hetze durch vor Ort aktive Amtsträger oder städtische Bedienstete ausgesetzt. In der Eingabe an die Staatsanwaltschaft wird deutlich, wie dies zu einer stetig sich steigernden Ausgrenzung führte, deren grausamen Höhepunkt 1943 die Deportation eines großen Teils der Bewohner_innen in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau mit der nahezu vollständigen Ermordung aller Deportierten darstellte.

Die Anzeige gegen die lokalen Täter_innen ging von Überlebenden aus, darunter Emilie Schade, die zahlreiche Angehörige in Auschwitz verloren hatte und sich als Vorsitzende der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes engagierte. Der Versuch, die Täter_innen und Helfershelfer_innen einer gerechten Strafe zuzuführen, war jedoch nicht von Erfolg gekrönt. Zwar wurde im November 1948 von der Staatsanwaltschaft Siegen ein Verfahren wegen der Verfolgung, Deportation und Tötung von »125 Zigeunern und Zigeunermischlingen« eröffnet. Auch stellte das Gericht fest, dass die Deportation eine eigenmächtige Entscheidung gewesen war, die aufgrund der Ausnahmebestimmungen des »Auschwitz-Erlasses« sogar hätte unterbleiben müssen. Doch die sieben Angeklagten, darunter nur drei Personen, die von den Überlebenden beschuldigt worden waren, kamen mit Freisprüchen oder geringen Haftstrafen davon. Der vom Gericht als Haupttäter festgestellte Landrat Otto Marloh entging einer vierjährigen Haft durch Krankheit. Bürgermeister Theodor Günther, der maßgeblich die rassistische Hetze betrieben hatte, war erst gar nicht angeklagt worden.

Quelle: Opfermann, Ulrich F.: ‘Genozid und Justiz. Schlussstrich als “staatspolitische Zielsetzung”’, in Karola Fings / Ulrich F. Opfermann (eds), Zigeunerverfolgung im Rheinland und in Westfalen 1933-1945. Geschichte, Aufarbeitung und Erinnerung, Paderborn and elsewhere, 2012, pp. 315–26

Karola Fings (2017)

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Lesung des Selbstzeugnisses von Emilie Schade und August Andres
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Lesung des Selbstzeugnisses von Emilie Schade und August Andres | Spoken word | Deutschland | 2018 | voi_00108
DE

Details

übersetzer Titel
‘We herewith file the complaint of “crimes against humanity”’
übersetzer Titel
»Das len po krisi sebet i ›kerdi džung po manušnipe‹«
Produktion
22. Januar 1946
Credits
Produktionsstab
Objekttyp
Material
Objektnummer
voi_00048

Archivbereich

Verwandte Personen und Begriffe

Personen Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes, Periode 1933 - 1945