»Der Film ist sehr wichtig, dynamisch und visuell überzeugend.«
Mihai Catalin Cazacu
Synopse
Wir wissen noch immer viel zu wenig über den Völkermord an Sinti und Roma in der Zeit des Nationalsozialismus. Die Dokumentation »The exile from Bessarabia« von Sergiu Ene und Natalia Ghilașcu in Kooperation mit einer NGO beschreibt das Leiden und die Vernichtung der Roma während des 2. Weltkriegs in Bessarabien und der Bukowina. Diese schrecklichen Ereignisse erfuhren bislang wenig Beachtung. So ist dieser visuell überzeugende Dokumentarfilm ein wichtiger Beitrag zur Erinnerung an die Geschichte der Sinti und Roma und zeigt realistisch die Leiden, die sie erlitten haben. Bemerkenswerte Ausnahmen, in denen Aspekte des Pharrajimos beleuchtet werden, sind: »A People Uncounted« von Aaron Yeger und »Roma Tears« von Luminița Cioabă. »The exile from Bessarabia« verbindet auf eindrucksvolle Weise historische Originalaufnahmen und Interviews mit Expert_innen und Zeitzeug_innen. Diese persönliche Perspektive erlaubt es der Roma-Community, mithilfe ihrer Erinnerungen, Erfahrungen und des ihnen widerfahrenen Leids ihre Vergangenheit selbst zu definieren. Auf diese Weise wird auch die Roma-Community authentisch dokumentiert.
Die jahrhundertealte Kultur der mündlichen Überlieferung ist ein wichtiger Teil der Roma-Kultur, weshalb Filmen wie »The exile from Bessarabia« so essenzielle Bedeutung zukommt, die diese mündlichen Überlieferungen für zukünftige Generationen aufzeichnen und digitalisieren. Zeitzeugenberichte vom Pharrajimos werden als gelebte Erinnerungen dargestellt und umsichtig mit Archivfunden und historischen Schwarz-Weiß-Fotografien verbunden.
Die älteren Roma schildern ihre Erinnerungen sehr anschaulich. Besonders bewegend ist der Bericht einer 92-jährigen Überlebenden, die darum ringt, sich an Einzelheiten der Deportation zu erinnern, an die Route, die sie gegangen ist, und an die Leiden, denen sie beiwohnen musste. Während ihr Lebenslauf wiedergegeben wird, fokussiert die Kamera – als Gast in diesem Zuhause einer älteren Dame – auf ihre bescheidenen Lebensbedingungen und ihre farbenfrohen persönlichen Sachen. Es folgt ein Close-up von ihrem Gesicht, wenn sie Details aus den furchtbarsten Jahren ihres Lebens berichtet. Dennoch bleibt die Position der Kamera von den Subjekten entfernt. Eine der qualvollsten Geschichten ist die einer Romni, die sich daran erinnert, wie ihre Mutter ohne Hilfe, Wasser oder medizinische Unterstützung ein Kind gebären musste. Auch in solchen verletzlichen Situationen konnten sich Roma nur auf ihre eigene Stärke und ihr Durchhaltevermögen verlassen. Die Überlebenden werden in der Dokumentation als gewöhnliche Personen porträtiert, die ihren alltäglichen Pflichten wie zum Beispiel dem Wäschewaschen nachgehen und doch von schrecklichen Erinnerungen geplagt sind. Aufnahmen ihrer Gesichter in Frontalansicht oder im Profil und der so sichtbare Schmerz in ihren Augen, die Tiefe ihrer Falten unterstreichen, wie wichtig es ist, diese schweren Erinnerungen zu würdigen und für die Nachwelt zu bewahren.
Rezeption
Ausgezeichnet als bester Dokumentarfilm beim Cronograf International Film Festival (Moldau) in 2013 https://cronograf.md/Films_1405518496.php?id=199
Aufgeführt beim International Film Festival for Human Rights in Arizona, USA in 2016 https://en-us.fievent.com/e/6th-annual-human-rights-film-festival/2788375