Die in Romanes, Serbisch und teilweise auf Deutsch erschienenen frühen Gedichte »Stepeno invalidnitosko« / »Stepen Invalidnosti« (›Grad der Behinderung‹) und »Sovli« / »Zavet« / »Gelübde« von Jovan Nikolić zeigen eine gemeinsame Charakteristik seines poetischen Werks: Zufällige und alltägliche Situationen führen zu philosophischen und metaphysischen Reflexionen über die conditio humana, das Wesen des Menschen und seine Werte.
Eine dunkle Haut und ein dunkles Erscheinungsbild, verinnerlicht von Rom_nja und Nicht-Rom_nja gleichermaßen als identitätsstiftendes Merkmal, sind gängige Themen bei Roma-Autor_innen. Das Gedicht »Stepeno invalidnitosko« zählt wohl zu den zartesten und zugleich ausdrucksstärksten poetischen Narrationen. Das lyrische Ich berichtet von der Stigmatisierung der Rom_nja durch die »Anderen« bereits bei der ersten Begegnung alleine aufgrund ihres Aussehens.
Das Leben unter Menschen vermag damit viel Leid zu verursachen. »Gelübde« kann als ein machtvolles Versprechen eines zukünftigen Vaters interpretiert werden, seinen Nachfahren durch Trainingsmethoden mit wilden Tieren auf das Leben unter Menschen vorzubereiten.
Die Gedichte wurden auch 1982 in Jovan Nikolićs Buch »Gost Niotkuda / Dosti khatinendar: Pesme« (Vršac / Vîrset: Biblioteka Kov, 1982) veröffentlicht.
Quelle der Textproben
Typoskript von Jovan Nikolić. Übersetzung ins Romanes durch Rajko Djurić.