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O phabardo mandro

Fatma Heinschink, Fatma Heinschink, Mozes F. Heinschink | O phabardo mandro | Oral Literature | Wien | 1990-05-01 | lit_00030

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Synopsis

Ein junges Mädchen ist mit dem Brauch aufgewachsen, zum Zeichen der Freigiebigkeit und guten Nachbarschaft von jedem Mahl im Haus den Nachbarn ein wenig zu überbringen. Sie heiratet in eine Familie, in der Geiz dominiert. Die Schwiegermutter verbietet der jungen Braut daher diesen Brauch. Diese hat diese Geste der Freigiebigkeit jedoch so verinnerlicht, dass sie nicht davon lassen kann. Da sie andererseits ihrer Schwiegermutter zu Gehorsam verpflichtet ist, füllt sie nachts unbemerkt von jeder Speise einen kleinen Teil in einen Tontopf und widmet die Gabe mit einer Wunschformel ihren Nachbarn. So vollzieht sie zumindest symbolisch die Schenkung.

Als beide Frauen gestorben sind, beobachtet die geizige Schwiegermutter im Jenseits, dass ihre Schwiegertochter täglich Speise und Trank erhält, während sie selbst hungert. Sie beschwert sich und verlangt, die Schwiegertochter solle das Essen mit ihr teilen. Gott erklärt ihr, sie erhalte nichts, denn sie habe im Leben nicht für ihr Essen im Jenseits vorgesorgt. Er gibt ihr aber ihr Leben für eine Frist von 40 Tagen zurück. Zurück im Diesseits kocht sie täglich und füllt die Speisen als Vorrat in ihr Grab. Am letzten Tag der Frist verkohlt ihr das Brot. Sie wirft es weg, ein Hund findet und frisst es.

Nach ihrer Rückkehr ins Jenseits erwartet sie nun üppige Speisung, erhält aber täglich nur verkohltes Brot. Gott erklärt ihr, dass ihr im Jenseits nur jene Gaben vergolten würden, die in ihrem Leben anderen zugute gekommen waren – nicht ihr selbst. Ihre einzige Gabe an ein anderes Wesen war jedoch jenes verkohlte Stück Brot gewesen, das sie weggeworfen und welches zufällig ein Hund gefressen hatte.

Petra Cech (2017)

Kontextualisierung

Erzählen kann, je nach Präferenz der einzelnen Vortragenden, der Weitergabe gruppeneigener oder persönlicher Werte an die nächste Generation dienen. Ein Verhaltenskodex oder Rollenbild kann so in Form von lehrreichen Erlebnisgeschichten, Fabeln oder Gleichnissen an Kinder und Jugendliche vermittelt werden.

Dies war auch in der Sprechergemeinschaft der Erzählerin Fatma Heinschink bis vor einigen Jahrzehnten der Fall. Die Wirkung der Erzählungen war je nach Persönlichkeit der Zuhörer_innen unterschiedlich. Fatma Heinschink nahm Geschichten, Lieder und Märchen aus ihrem Umkreis begeistert auf und verinnerlichte deren Botschaften, die sie ein Leben lang begleiteten. So bewahrte sie in ihrem Gedächtnis die orale Tradition ihrer Gemeinschaft von Korbflechter-Roma (Sepečides) in der türkischen Stadt Izmir und Umgebung. Diese Gruppe war ein aus verwandten und verschwägerten Familien bestehender Wohn- und Arbeitsverband von mehreren hundert Personen. Sie lebten bis in die 1980er Jahre meist vom Verkauf selbst geflochtener Körbe.

Die Erzählerin berichtete, dass ihr Vater eine besondere Neigung für das Erzählen lehrreicher Geschichten als Erziehungsmaßnahme hatte. Die Arbeit des Korbflechtens erfolgte im Hof der Häuser gemeinsam, erforderte bei entsprechender Routine wenig Konzentration und erzeugte keinen Lärm – dies erlaubte es, während der Arbeit zu erzählen.

Die Erzählung »O phabardo mandro« (›Das verkohlte Brot‹) ähnelt einem Gleichnis und wurde daher, wie die Erzählerin am Anfang ausführt, als »wahr« im Sinne einer gültigen Lehre empfunden. Die zu vermittelnde Wertvorstellung ist die der Freigiebigkeit und des nachbarschaftlichen Teilens als moralisch hochwertiges und daher auch für das Jenseits relevantes Verhalten. Die Wahl des Sujets bezieht sich auf eine auch in der Gemeinschaft der Sepečides übliche türkische Sitte, nämlich seinen Nachbar_innen von zubereiteten Speisen eine Kleinigkeit zu überbringen, wie dies von der Erzählerin immer wieder zu verschiedenen Anlässen beschrieben wurde.

Im übertragenen Sinn steht das Teilen der Speisen als Tradition der eigenen Großfamilie zugleich für das Prinzip der Nächstenliebe im Allgemeinen: Der seelische Reichtum eines Menschen liegt in dem, was er zu Lebzeiten seinen Nächsten zukommen lässt.

Literatur

Cech, Petra / Heinschink, Mozes F. 1997. Sepečides-Romani. Lincom Europa, LW/M 106.

Petra Cech (2017)

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Details

Ort
Publikation
1990-05-01
Autor_innen
Bibliographische Ebene
Oral Literature
Datensatztyp
single object
Sprache
Objektnummer
lit_00030

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