Es gibt nur wenige Roma-Gruppen mit ausgeprägter Erzähltradition, in der der Geschichtentyp »O Řom taj o beng« (»Der Rom und der Teufel«) gänzlich unbekannt wäre. Der Schwank, den Teufel zu überlisten, indem man ihn ein gekrümmtes Haar geradebiegen lässt, ist aus ganz Europa belegt, unter anderem auch in der Märchensammlung der Brüder Grimm. In Abwandlung wird der Schwank auch von Korbflechterinnen (Sepečides) aus Izmir in der Türkei erzählt, allerdings in der Form eines ehelichen Konflikts.
Zlatko Mladenov folgt der europaweit bekannten Version mit der Überlistung des Teufels, beweist aber zugleich, dass Schwänke und Märchen nichts Starres sind. Er schmückt den Schwank in Form eines »Nationalitätenwitzes« aus. Während er den Österreicher nur als Referenz an den Aufnehmenden erwähnt, thematisiert er Stereotype für die anderen Nationen: Der Deutsche möchte üppig essen, der Serbe wünscht sich Musik mit Goran Bregović, der Bulgare eine Villa und der Franzose Liebe mit Claudia Schiffer (»Amen sam po kamimos« – ›Wir sind für die Liebe‹, bei Minute 04:26). Auch die Schlauheit des Rom ist ein sehr beliebtes Klischee, das in unzähligen Geschichten thematisiert wurde: Schlauheit und Lebenskunst setzen den Rom von der Restbevölkerung ab und lassen ihn sogar den Teufel besiegen.
Literatur
Fennesz-Juhasz, Christiane; Cech, Petra; Heinschink, Mozes F.; Halwachs, Dieter W. (ed.). 2012. Lang ist der Tag, kurz die Nacht, Märchen und Erzählungen der Kalderaš / Baro o djes, cîni e rjat, Paramiča le Kaldêrašengê. Klagenfurt: Drava Verlag (Transkript und deutsche Übersetzung / transkripto taj njamcicka translacija / transcript and German translation: 254–61).
Cech, Petra; Heinschink, Mozes F. 1999. Sepečides-Romani, Grammatik, Texte und Glossar eines türkischen Roma-Dialekts (= Balkanologische Veröffentlichungen der Freien Universität Berlin Band 34). Wiesbaden: Harrassowitz, 165 (Version in Sepečides-Romani / Verzija pe řomano dialekto katal l’ Sepečides / Version in Sepečides-Romani).