Andrej Giňa (1936–2015), geboren am 1. Januar 1936 im slowakischen Tolčemeš (heute Šarišské Sokolovce), war neben Elena Lacková (1921–2003) einer der ersten Roma-Autor_innen in der Tschechoslowakei – zu einer Zeit, als Analphabetismus unter den Rom_nja eher die Norm als die Ausnahme war. Sein gleichnamiger Vater war Schmied und ein renommierter Musiker, dessen Arbeit und guter Ruf der Familie ein schönes Haus in einer Nachbarschaft außerhalb der Roma-Siedlungen ermöglichte.
Nach dem Krieg siedelte sich die Familie in Rokycany in Westböhmen an, wo Andrej Giňa die Grundschule beendete und die Berufsschule als zertifizierter Schmelzer abschloss. Er begann eine Lehrerausbildung an einer Fernschule, musste sie aber aufgrund seines Militärdienstes aufgeben. Nach einem Einsatz in der Berufsarmee kehrte er nach Rokycany zurück und arbeitete in der örtlichen Gießerei Žampírka, zunächst als Gießer und später als Fahrer. Zwischen 1969 und 1973 arbeitete er für »Svaz Cikánů Romů« (wörtlich ›Verband der Zigeuner-Roma‹), wo er seine Tätigkeitsfelder um Aktivismus und Schreiben erweiterte.
Nach der Samtenen Revolution 1989 gründete er ein Familienunternehmen, das Kartoffeln, Zwiebeln und die traditionelle Delikatesse goja an die Roma-Viertel im ganzen Land lieferte. Neben seinen vielen Jobs war er auch ein bekannter Gitarrist und Bassist, der immer einer Band angehörte. Seine eigene Band »Rytmus 84« stürmte in den 1980er Jahren die Roma-Pop-Bühnen.
In den 1990er und 2000er Jahren beobachtete er auf Reisen mit seinem Lieferwagen das Leben anderer Rom_nja und schrieb Geschichten und Kolumnen über den sich verschlechternden Zustand ihrer Gemeinschaften. Diese wurden größtenteils von der Roma-Presse veröffentlicht. Im Jahr 2013 wurden seine gesammelten Werke in einem Buch mit dem Titel »Paťiv. Ještě víme, co je úcta« herausgegeben, mit seinem Frühwerk aus den 1960er Jahren, seiner ersten veröffentlichten Kurzgeschichtensammlung »Bijav« (1991), und den vielen Geschichten, die er im Laufe der Jahre für sich und seine Familie geschrieben hatte.
Er schrieb auch nach der Veröffentlichung mit dem Ziel weiter, einen zweiten Sammelband fertigzustellen. Im Jahr 2015 starb Andrej Giňa, aber sein Vermächtnis lebt weiter, sowohl in seinen Texten, die in einem weiteren Band posthum erscheinen sollen, als auch in der Erinnerung jener Menschen, denen er als Schriftsteller und außergewöhnlicher Mensch zum Vorbild wurde.
Bibliografie
Giňa, Andrej. 1991. Bijav, romane priphende / Svatba, romské povídky. Praha, Apeiron.
Giňa, Andrej. 2007. »Pal o Škiparis«. In: Čalo voďi / Sytá duše. Brno, Muzeum romské kultury.
Giňa, Andrej. 2007. »Pro odpustos«. In: Čalo voďi / Sytá duše. Brno, Muzeum romské kultury.
Giňa, Andrej. 2007. »Andre mašina«. In: Čalo voďi / Sytá duše. Brno, Muzeum romské kultury.
Giňa, Andrej. 2007. »Pre lavkica«. In: Čalo voďi / Sytá duše. Brno, Muzeum romské kultury.
Giňa, Andrej. 2013. Paťiv. Ještě víme, co je úcta. Praha, Triáda.
Externe Online-Links
Giňa, Andrej. »Maruška«. In: Moji milí, Praha: Kher, 23–25: https://perma.cc/6JES-P8VW
Giňa, Andrej. »Pal o duj phrala / O dvou bratrech«. In: Otcův duch, Praha: Kher, 30–39: https://perma.cc/28UB-NSJP
Giňa, Andrej. Biography on Kher: https://perma.cc/TX29-CQNC
Ryvolová, Karolína. 2003. Biography of Andrej Giňa: https://perma.cc/255F-85WY
Ryvolová, Karolína. 2003. Interview with Andrej Giňa. https://perma.cc/SZJ7-GULF
Scheinostová, Alena. 2014. Review of Paťiv: ještě víme, co je úcta. https://perma.cc/U7E7-EPND
Weiterführende Literatur
Hübschmannová, Milena. 1999. »Současná romská literární tvorba. Andrej Giňa«. In: Romano džaniben,1999/issue 3–4, 112–113.
Hübschmannová, Milena. 2006. »Moje setkání s romano šukar laviben«. In: Romano džaniben, ňilaj 2006, 27–59.
Ryvolová, Karolína. 2013. »Samas čore, aľe jekh avres dahas paťiv / Byli jsme chudí, ale jeden druhého jsme si vážili«. In: Paťiv. Ještě víme, co je úcta. Praha, Triáda, 7–19.
Šebková, Hana. 2003. »Počátky romské literatury v České a Slovenské republice«. https://perma.cc/H4PU-U9UN