Der bildende Künstler Sead Kazanxhiu (geboren am 14. Juli 1987 in Fier, Albanien) lebt und arbeitet in Tirana, Albanien. Er hat einen Abschluss in Malerei von der Universität der Künste in Tirana (2006–10). In seinen jüngeren Arbeiten öffnet er sein bevorzugtes Medium, die Malerei, in Richtung von Skulptur, Installation, Video und Interventionen im öffentlichen Raum.
Kazanxhiu stammt aus einer Familie, die zur ethnischen Minderheit der Rom_nja gehört. Seine Kindheit in Baltez, einem Dorf in der Nähe von Fier, war von dieser Tatsache bestimmt. Innerhalb eines Nationalstaates Teil einer unterprivilegierten Gemeinschaft zu sein, also albanischer Rom zu sein, stellt einen zentralen Faktor für Kazanxhius Positionierung als Künstler und für seine bisherige Praxis dar. Inspiriert von seinem eigenen Hintergrund, seiner Identität und seinem alltäglichen Leben, steht der Umgang mit Vorurteilen, Ausgrenzung, Diskriminierung und Rassismus im Mittelpunkt sowohl seiner künstlerischen wie auch seiner aktivistischen Arbeit. Kazanxhiu zeigt mit seinen gesellschaftlichen Kampagnen sowie mit seinen Trainings und Workshops für jugendliche Rom_nja zivilgesellschaftliches Engagement. Er setzt sich für ausgeglichene Machverhältnisse ein – nicht nur in Albanien, sondern in einer zunehmend segregierten Welt. Dazu gehört seine aktive Rolle als Kunst- und Kulturberater im IRCA – Institute of Romani Culture in Albania (Institut für Roma-Kultur in Albanien).
Im Rahmen eines einjährigen Stipendiums nahm Kazanxhiu am Roma English Language Program an der Central European University in Budapest teil (2011–12). Während dieser Zeit konnte er die aktuelle ungarische Kultur besser kennenlernen und erlangte einen Einblick in die Roma-Gemeinschaft vor Ort, die ebenfalls mit Vorurteilen und Diskriminierung zu kämpfen hat. Er beteiligte sich in dieser Zeit an Initiativen, die Kunst als Instrument des sozialen Wandels in Europa begreifen. So kuratierte er eine Ausstellung zum 90-jährigen Jubiläum der diplomatischen Beziehungen zwischen Albanien und Ungarn, die 2012 in der albanischen Botschaft in Ungarn und im ungarischen Außenministerium in Budapest zu sehen war. Seine Arbeit »Roma Monument« (2013), die während des OSF Roma Initiatives Fellowship entstanden ist, wurde dauerhaft im Hof des Ministeriums für Soziales und Jugend in Tirana installiert.
Seine Teilnahme an der Ausstellung »(Re)conceptualizing Roma Resistance« (Goethe-Institut, Prag, Tschechien, 2016) steht beispielhaft für Kazanxhius Auseinandersetzung mit der Geschichte der Rom_nja und zeigt die Entmenschlichung, Deportation und Vernichtung von Menschen durch den Totalitarismus in Europa im 20. Jahrhundert. Mit seinen acht Einzelausstellungen seit 2012 (Tirana, Budapest, Brüssel) und der Beteiligung an vielen Gruppenausstellungen (Tirana, Prag, Brünn, Göteburg, Dresden, Krakau, Bukarest, New Orleans) ist Kazanxhiu ein sichtbarer Vetreter der zeitgenössischen albanischen Kulturszene. Seine entschiedene Haltung, mit der er die unfaire Behandlung von Rom_nja anprangert, macht deutlich, wie sehr ethnische Vorurteile nach wie vor unsere heutige Weltanschauung prägen. Mit seiner Arbeit möchte Kazanxhiu einer Community, die in den europäischen Demokratien an den Rand gedrängt ist, die Würde wiedergeben.
http://seadkazanxhiu.wixsite.com/visualart
Ausstellungen
2012
MODEL – Central European University, Budapest
2013
ROMA MONUMENT – Ministry of Social Welfare and Youth, Tirana
8 FOR 8 OF APRIL – Albanian National Parliament, Tirana
2014
MY PLACE (VENDIIM) – National Historical Museum, Tirana
MODEL – The European Parliament Main Hall, Brussels
2015
Gipsy Under Erasure – Göteborg International Biennial for Contemporary Art. Extended, Göteborg
2016
PERPETUUM MOBILE – Tulla Culture Center, Tirana
(Re)conceptualizing Roma Resistance – International Roma Festival Khamoro, Goethe-Institut, Prague
Quelle: Künstler, Marko Stamenkovic