Die Gruppe, die sich Věra Bílá & Kale nannte, war ein beispielloses Phänomen mit Ursprung in Rokycany, einer Stadt in Westtschechien. 1995 tat sich dort eine Band aus jungen Männern, die alle miteinander verwandt waren (Emil »Bišu« Miko, Emil »Pupa« Miko, Jan Dužda, Deziderius Lučka und Milan Kroka, an dessen Stelle später Marek Miko trat), mit der Sängerin Věra Bílá aus dem Musikerklan Giňa zusammen.
Ein Genre wird geboren
Alle Bandmitglieder hatten von ihren Eltern traditionelle Roma-Lieder gelernt, die sie auch auf der Bühne spielten und aufnahmen, neben ihren selbstverfassten Songs (ebenfalls größtenteils auf Romanes gesungen). Die Lieder behandeln gleichermaßen gesellschaftliche Themen wie Liebe und Alltagserfahrungen.
Kale haben das als Rom-Pop bekannt gewordene Genre musikalisch definiert: komplexer Harmoniegesang mit wilden Dissonanzen, in einer Mischung aus Roma-Volksmusik, Pop und Latin Jazz.
Zwei Beispiele dafür, wie die Gruppe traditionelle Lieder neu interpretiert, sind »E kapura« (›Das Tor‹) und »Rumuňika« (›Rumänin‹).
Brasilianische Einflüsse prägen das Stück »Sar me khere avava« (›Wenn ich heimkomme‹).
Kale als tschechischer Exportartikel
Das erste Album der Band trug den Titel »Rom-Pop« (1996). Mit ihrer zweiten Platte, »Kale Kaloré« (1998), gelang ihr der internationale Durchbruch. Auf dem Höhepunkt ihrer Popularität traten Věra Bílá & Kale unter anderem in den USA, Deutschland, Österreich, Frankreich, in der Schweiz und in Israel auf.
In den späten 1990er Jahren erschienen ausführliche Artikel über Věra Bílá & Kale etwa im Guardian und in der Washington Times. Letztere erklärte Věra Bílá zur Königin der Roma-Musik und verglich sie mit Ella Fitzgerald. Ein weiteres Zeichen der internationalen Anerkennung war die Aufnahme von Bílás Album »Queen of Romany« (1999) in die britische Liste der »100 wichtigsten Weltmusik-CDs«.
Ein Bruch und eine Wiedervereinigung
Wegen anhaltender Meinungsverschiedenheiten trennten sich die Musiker von Kale 2005 von ihrer Sängerin und traten dann ohne sie auf. Damit waren die Fans jedoch unzufrieden, ihnen kam die Gruppe nun nicht mehr vollständig vor. Gitarrist Emil Miko kommentierte: »Wir sind wie ein Auto. Věra Bílá ist die Marke und Kale ist der Motor. Alles hängt davon ab, was von beiden den Hörer_innen wichtiger ist.«
Ohne Věra Bílá veröffentlichte die Band die Alben »Kale« (2006) und »Šun Kale« (2012), nun mit Deziderius Lučka als Hauptsänger. Zwar gab sie danach auch wieder – mit großem Erfolg – Konzerte mit Věra Bílá, doch gesundheitliche Probleme der Sängerin führten dazu, dass zurzeit keine weiteren derartigen Auftritte möglich sind.