»Ich liebe es! Eine Übung zur Darstellung von Rassismus in der Gesellschaft.«
Pablo Vega
Synopse
Galya Stoyanova, eine bulgarische Fotografin, Juristin und Aktivistin, absolvierte ein halbjähriges Praktikum an der Romedia Foundation in Budapest und sammelte dabei Erfahrungen mit der Roma-Bewegung. Das Engagement in der Bürgerrechtsbewegung half ihr dabei, ein Filmprojekt zu realisieren, in dem sie vom Prozess der Selbstakzeptanz der Roma im Kontext des modernen städtischen Lebens berichtet. Der Kurzfilm »Pages of my Book« basiert auf einer Performance von Galya Stoyanova.
Unterstützt wurde sie dabei vom Kreativteam der Romedia Foundation – und hier besonders von Katalin Barsony und Elemer Sánta. Diese Zusammenarbeit war entscheidend, um eine authentische Perspektive, ausgehend von einer sich verändernden Roma-Identität, einnehmen zu können.
Im Film sieht man Stoyanova, wie sie in traditioneller Romnja-Kleidung und mit einem Fotoapparat in der Hand durch die Straßen Budapests, mit seinen bedeutenden Plätzen und Sehenswürdigkeiten, spaziert. Diese Farbfilmaufnahmen, die vom unterstützenden Filmteam gedreht wurden, wechseln sich ab mit Schwarz-Weiß-Fotografien, die von Stoyanova selbst stammen. In letzteren blicken fremde Menschen in ihre Kamera, während sie die Protagonistin der Farbfilmaufnahmen ist und dort nachdenklich durch die Straßen geht, fotografiert und gelegentlich mit Passant_innen spricht.
Die Filmhandlung erreicht ihren Höhepunkt, als Stoyanova sich mit einer alten Romni auf Romanes unterhält und von ihr gesegnet wird. Seit dieser Begegnung bewegt sie sich, wie sie feststellt, in der Öffentlichkeit viel entspannter in der traditionellen Kleidung. Und es gefällt ihr, Teil der Menschenmenge zu sein und sich dennoch von den anderen zu unterscheiden. Sie paraphrasiert eine bekannte Redewendung: »Wir alle beurteilen Bücher alleine nach ihrem Cover […], aber die Geschichten in unseren Büchern sind sehr unterschiedlich.« Damit hat der Film eine positive Handlung, sozusagen die »Bildung« einer Roma-Frau und präsentiert damit eine sehr affirmative feministische Identitätspolitik.
Stoyanovas Kurzfilm hat viel mit anderen künstlerischen und politischen Interventionen, die gegen Diskriminierungen und Stereotypisierungen angehen, gemein. Zu nennen wäre hier etwa die Ausstellung »ROMA BODY POLITICS I. No Innocent Picture«, die 2015 in der Budapester Gallery 8 gezeigt wurde, der Flashmob »Stripping off stereotypes«, der von Roma-Studierenden im türkischen Izmir organisiert wurde, oder Selma Selmans ironischer Kurzfilm »Do not look into Gypsy eyes«.
Im Gegensatz zu diesen Projekten geht es in Stoyanovas Versuchsanordnungen jedoch nur zum Teil darum, die bekannten stereotypen Vorstellungen der Mehrheit zu kritisieren. Ausgangspunkt ihrer Arbeit ist vielmehr die subjektive Perspektive einer Romni, die eine Stadt bewohnt und dabei andere Menschen fotografiert, selbst aufgenommen wird und ihre Doppelrolle (objektivieren und objektivierend) realisiert. Auf diese Weise verkehrt sie die hegemonialen Subjekt-Objekt-Beziehungen. Dieser Ansatz hilft Stoyanova, ihre Identität zu akzeptieren und ein Narrativ für diesen Prozess zu finden.
Rezeption
2017.06.03. French Institute, Budapest
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- 17-18. Buvero Expo, Berlin