»Ptak umarłych« (»Totenvogel«), im Jahr 2004 herausgegeben, ist der erste Band von Edward Dębickis Autobiografie. Der Teil, welcher der Vorkriegszeit gewidmet ist, beschreibt das alltägliche Leben in einem tabor, einem gemeinsam fahrenden und lagernden Roma-Verband (Dębicki gehörte zur selben Gruppe wie die Dichterin Bronisława Wajs, bekannt als Papusza): Bräuche, Küche und Medizin sowie das Verhältnis zur sesshaften Bevölkerung. Gleichzeitig porträtiert Dębicki die kulturelle Vielfalt der polnischen Region Wolhynien, wo seine Roma-Gruppe reiste.
Die Beschreibung der Kriegszeit hat dokumentarischen Wert. Der Ich-Erzähler schildert die Flucht vor den deutschen Truppen, die zum Lager gelangenden Gerüchte über die Gefangennahme der Rom_nja in Ghettos und deren Hinrichtungen in den Wäldern, die Massaker ukrainischer Partisanen an Pol_innen und Rom_nja und die Kämpfe der polnischen und ukrainischen Partisan_innen. Das ausgewählte Kapitel illustriert die komplizierten Nationalitätsbeziehungen in Wolhynien: Dębickis Familie, die vor den Deutschen flüchtete, entkam dem Tod durch die Hand der Ukrainer_innen nur aufgrund ihrer Erklärung, ukrainische und nicht polnische Rom_nja zu sein.
Quelle der Textprobe
Dębicki, Edward. 2004. Ptak umarłych. Warszawa: Bellona, pp. 97–100.