Dieses Gedicht von Mariella Mehr stammt aus dem Band »Das Sternbild des Wolfs«, erschienen im Jahr 2003 und bislang ihr jüngster Gedichtband.
Das titellose Gedicht wird mit einem eindrücklichen Bild eröffnet, das auf Mariella Mehrs intensive Auseinandersetzung mit der griechischen Mythologie verweist. Cerberus, heißt es in den beiden ersten Versen, sei »der Totenwache überdrüssig«.
Cerberus, griechisch Kerberos, ist eine Figur aus der antiken Mythologie, ein Hund, der meist mit mehreren Köpfen dargestellt wird und den Eingang zur Unterwelt bewacht, damit keine Lebenden sie betreten, keine Toten sie verlassen können.
Hier nun, gleich in der Eingangszeile von Mariella Mehrs Gedicht, hat Cerberus seine Aufgabe satt und verlacht nun die Ziele der Menschen, auch das Ziel des lyrischen Ichs, das hier spricht. Das Reich der Toten, das Cerberus bis jetzt bewachte, scheint nun offen, aber zugleich ist es auch, da es nun nicht mehr abgeschlossen ist, kein Ziel mehr.
Das lyrische Ich ist nun, nimmt man die einzelnen Einschränkungen, die es aufzählt, ohne »Bilder«, ohne »Sicherheit«, ohne »Ufer«. Der Tod scheint in die Ferne gerückt – was bleibt, ist die Möglichkeit, »fröhlich zu verwildern«.
Quelle der Textprobe
Mehr, Mariella. 2003. Das Sternbild des Wolfs. Klagenfurt: Drava, S. 17.