»Ich mag diesen Film; er ist visuell sehr ansprechend und die Rapper-Brüder sind äußerst sympathische Charaktere, die im System gefangen sind.«
Ivana Todorovic
Synopse
Der Filmtitel verweist zwar auf eine statische Situation, »Trapped by Law« folgt jedoch einer Bewegung, nämlich der von zwei Brüdern, Kefaet und Selamet Prizreni, die gezwungen sind, sich zu bewegen, um der Falle zu entgehen, die das Gesetz ihnen gestellt hat.
Kefaets und Selamets Eltern zogen während der Jugoslawienkriege nach Deutschland, wo die beiden aufwuchsen. Eines Tages wurden sie plötzlich, wie auch 10.000 weitere Roma, in den Kosovo abgeschoben – in ein Land, das ihnen völlig unbekannt ist. Grundlage hierfür ist ein bilaterales Abkommen zwischen dem Kosovo und Deutschland.
Sami Mustafa, ein Roma-Regisseur aus Pristina, trifft die beiden am Flughafen und beginnt ihnen im Zuge seiner Dreharbeiten auf ihrem Leidensweg über viele Jahre zu folgen. Als ob es seine eigene persönliche Geschichte sein könnte, gibt er selbst eine subjektive, tagebuchartige Voice-over-Erzählung durch den Film, ergänzend zu den Berichten der Brüder. Die Erzählungen der Brüder werden in einem bühnenartigen Raum aufgenommen, wo die beiden von Scheinwerfern angestrahlt in Sesseln sitzen. Diese Technik der Verfremdung verhindert, dass die Zuschauer_innen unmittelbar in die Erzählungen hineingezogen werden, und schafft eine Distanz zwischen der Szenerie und der Realität. Zugleich wird über den subjektiven Zugang des kosovarischen Roma-Regisseurs eine Verbindung zu den Protagonisten aufgebaut, fast so, als würden wir Zeit mit Fremden verbringen, die wir näher kennenlernen möchten. Der Filmstil erinnert ansonsten an ein kurzes Roadmovie, und wir begleiten die Brüder durch das Land, bis sie einen Job in einem Callcenter annehmen. Zu diesem Zeitpunkt kommt die Mutter und versucht – erfolglos –, sie über Serbien zurück nach Deutschland zu holen. Dies ist der Moment, in dem der Regisseur seine Beobachterposition aufgibt und versucht, die beiden aus der ausweglosen Lage und vor dem drohenden Zusammenbruch zu retten.
Sami Mustafa und seine Frau, Charlotte Bohl, organisieren ein Filmfestival in Pristina, das Rolling Film Festival, wo sie sie unterbringen und anstellen können – und geben ihnen so die Möglichkeit, ihr Talent und ihre Kreativität zu nutzen. Beide Männer machten in deutschen Clubs Hip-Hop, und so schreiben sie hier Songs über ihre Situation und geben Workshops für Kinder aus dem ganzen Land. Diese vorübergehende Beschäftigung hilft ihnen jedoch nicht wirklich weiter.
Im dritten Teil des Films, nachdem die Brüder realisiert haben, dass sie die Balkanstaaten nicht verlassen dürfen, beginnt eine Odyssee: Alle zwei oder drei Monate ziehen sie um, auf der Suche nach Arbeit. Sie versuchen, auf dem Rechtsweg zurück nach Deutschland zu gelangen, verlieren dabei aber jegliche Hoffnung und Geduld. Der Film endet schließlich mit einer erzwungenen, aber nicht zufriedenstellenden Lösung. Die Sorge wird von der Realität bestätigt: Posts einer Facebook-Gruppe zufolge, die sich im Mai 2017 während der Filmproduktion gründete, ist Selamet wieder in einem Teufelskreis gefangen. Seine Beteiligung am Marihuana-Geschäft und die Strafe, die darauf folgt trägt nicht dazu bei die schwierige Situation zu lösen.
Der Film hilft den Zuschauern, die Situation zu verstehen und sich durch stilistische Mittel eingebunden zu fühlen. Sami Mustafa lernte unter anderem beim angesehenen Filmemacher des legendären Novi Filmgenres aus Ex-Jugoslawien, Želimir Žilnik. 2004 drehte Žilnik eine fiktionale Dokumentation zum selben Thema (»Kenedi Goes Back Home«), die auf zahlreichen Filmfestivals gezeigt wurde und sogar von politischen Entscheidungsträger_innen im Zusammenhang mit der »Roma-Dekade« diskutiert wurde. Der Ansatz der beiden Regisseure ist komplett unterschiedlich, leider gibt es keine Möglichkeit, die Effekte beider Filme zu überprüfen. Dennoch kann dieser Film, wenn er ein breites Publikum erreicht, einen entscheidenden Beitrag zur gegenwärtigen Emanzipationsbewegung der Sinti und Roma und zum Kampf gegen die antihumanen, bürokratischen Systeme des Staates leisten.
Rezeption
Uraufgeführt wurde der Film beim Internationalen Dokumentarfilmfestival Jihlava (Tschechien), wo er im Wettbewerb der mittel- und osteuropäischen Dokumentarfilme und bei »First Lights« (erster abendfüllender Dokumentarfilm eines/einer Regisseur_in) lief. »Trapped by Law« eröffnete das Kasseler Dokfest und wurde dort für den »Goldenen Schlüssel« nominiert. Er wurde außerdem auf der New York Festival Film Week gezeigt und gewann den Preis für den »Besten Film« auf der Albanian Film Week in Pristina.
https://trappedbylawmovie.wordpress.com/news-3/
Referenzen
https://trappedbylawmovie.wordpress.com/
https://www.facebook.com/trappedbylaw
http://www.imdb.com/title/tt0397497/
http://www.rcc.int/romaintegration2020/pages/4/roma-decade-and-the-eu