»Ich würde diesen Film wegen seiner heutigen politischen Relevanz empfehlen.«
Tamara Babun
Synopse
»Jeder, der gewaltsam zurückkommt, wird keinerlei Hilfe bekommen«, lautet das kafkaeske Statement eines UNICEF-Experten, der die Situation beschreibt, wie sie sich nach den Entscheidungen der europäischen (mehrheitlich deutschen) politischen Verantwortlichen darstellt. 2010 wurden 671 Roma, Aschkali und Ägypter aus Schweden, Österreich und vor allem Deutschland in den Kosovo rückgeführt. Zur gleichen Zeit erwartete 11.000 weitere Bürger_innen, vor allem Kindern mit Duldung, hoffnungslos dasselbe Schicksal.
Die preisgekrönte ungarische Filmemacherin, Soziologin und Geschäftsführerin der in Budapest ansässigen Romedia Foundation Katalin Bársony beschloss, gemeinsam mit Verena Knaus die schrecklichen Konsequenzen zu dokumentieren, die diese Entscheidungen für Kinder haben. Die Effekte sind in zwei Berichten dargelegt worden: zum einen von der UNICEF in »Integration unter Vorbehalt« von Verena Knaus, Peter Widmann und anderen – und zum anderen von der Kosovo Foundation for Open Society in »The Position of Roma, Ashkali and Egyptian Communities in Kosovo«.
Die unabhängige Produktionsfirma, die mit einem Roma-Team arbeitet, produziert vor allem politisch engagierte Dokumentationen. »Uprooted – Children’s Perspectives on Europe’s Repatriation Policies« (Entwurzelt – Europas Rückführungsmaßnahmen aus Kinderperspektive) besteht aus Interviews mit Mitgliedern von NGOs und porträtiert drei Teenager: Anita Osmani, die jederzeit rückgeführt werden kann, und zwei Brüder, Sedat und Nasmija Hasani, die bereits zusammen mit ihrer Mutter in den Kosovo abgeschoben wurden und so von ihrem Vater und den Brüdern getrennt wurden.
Die Interviews und das Voiceover verdeutlichen die alptraumhafte Situation, etwa wenn die Kinder über ihr Leben und ihre Träume erzählen. Sie sprechen offen und vertrauen den Filmemacherinnen. Die gemeinsame Muttersprache bildet dabei eine Brücke, auch wenn unterschiedliche Dialekte gesprochen werden.
Roma-Regisseure können die Situation von Menschen, die als “Andere” stigmatisiert wurden, deutlich ehrlicher darstellen. Sie neigen eher dazu, eine Entmenschlichung und Exotisierung von Sinti und Roma zu vermeiden, wie man sie aus den Mainstream-Medien gewohnt ist. So bleiben die Charaktere und ihr Kontext realistisch, sodass die Zuschauer_innen die sozialen und politischen Bedingungen verstehen, denen sie ausgesetzt sind.
Indem man diskriminierende Praktiken identifiziert und ihren historischen Hintergrund anerkennt, kann man die Notwendigkeit einer Emanzipationsbewegung verstehen und sich engagieren um Gleichheit zu erreichen. Darüber hinaus gewinnt dieser Film immer mehr an politischer Relevanz, da das Thema der Flüchtlinge in ganz Europa in den Vordergrund rückt.
Dokumentationen wie »Kenedi Goes Back Home« von Želimir Žilnik und »Trapped by Law« von Sami Mustafa wählen einen anderen Ansatz, um dieselbe Problematik zu behandeln. Hier fühlen sich die Zuschauer_innen immer involvierter, das Gefühl der Bedrohung wächst, während die Filmmusik zugleich entspannend und traurig wirkt. »Kosovatar Avilem«, geschrieben von den Aktivist_innen Ágnes Daróczi und Izedin Alishani und gespielt von Izedin Alishani und József Balázs, gibt uns Halt und macht uns zugleich unsere Hilflosigkeit bewusst.
Rezeption
Nominiert für einen Preis bei dem 8. Aljazeera International Documentary Film Festival in 2012.
Jihlava International Film Festival
Screenings in verschiedenen Städten von Doha bis Washington
Referenzen
https://dokweb.net/database/persons/biography/3b4316f4-fba5-4e90-8e4b-8990667737eb/katalin-barsony