Welchen Stellenwert das Schreiben und der Besitz von Büchern haben können, zeigt dieses Gedicht von Ilija Jovanović, »Lijem te dav ande xajing« / »Eintauchen wollte ich«, das inzwischen durch Melitta Depner auch ins Englische, Rumänische und Italienische übersetzt wurde.
Das im Text konstruierte Ich ist ein Leser und Dichter. Der wertvollste Besitz sind die eigenen literarischen Texte und Publikationen anderer Autor_innen, die unter alten Kleidern und Müll verschwunden sind, um für ein neues Möbelstück Platz zu machen. Schreiben wird von einem anderen Mitglied im gemeinsamen Haushalt nicht als sinnvolle Tätigkeit eingestuft, Wertschätzung und Achtsamkeit in Bezug auf literarische Texte fehlen.
Die Namen der genannten und vom Sprecher des Gedichts hochgeschätzten Schriftsteller_innen stehen als Repräsentant_innen ihrer Texte: Paul Celan, Ingeborg Bachmann, T. S. Eliot, Rainer Maria Rilke, Alexander Sergejewitsch Puschkin, Mariella Mehr, Jovan Nikolić. In den deutschen, englischen, italienischen und Romani-Versionen des Gedichts erscheinen nur die letzten zwei Autor_innen mit ihrem vollen Namen, und zwar die jenische Autorin Mariella Mehr und der Roma-Autor Jovan Nikolić.
Das Ich in diesem Gedicht lädt unter anderem jene zur Identifikation ein, die sich als Lesende und Schreibende in ihrem Umfeld als Fremde fühlen und keine Wertschätzung erfahren – und die somit das Gefühl der Nicht-Zugehörigkeit und der Hybridität kennen. Das Dazwischenstehen tut weh, es schmerzt. Ilija Jovanović gelingt es in seiner Lyrik, dieses hybride Existenzgefühl in Worte und Metaphern zu fassen.