Er ist unsere Art der Kommunikation, fast gleichrangig mit der üblichen Sprache der gesprochenen Worte. Das Medium, durch das wir uns mitteilen, ist mehr als nur Musik – und unsere Zusammenkünfte sind viel mehr als nur eine Feier; es ist eher eine Art Kommunion.
Als glücklicher Erbe dieser Musik war mir immer schon klar, dass ich mich einmal von vielen Universalkomponist_innen und -pianist_innen unterscheiden und die Möglichkeiten einer eigenen Sprache haben würde, eine in die Seele gebrannte Klangästhetik, die Fähigkeit, aus einer anderen Sicht zu improvisieren, meine Art, die Töne zu fühlen, meine Art, mit ihnen zu spielen, und viele andere Dinge, die in meinem Kopf und in meinem Herzen zusammenkommen, um bei diversen Gelegenheiten zum schwer beherrschbaren Vulkan zu werden.
Ich wusste auch, dass meine zusätzliche Vorbereitung darin bestehen musste, Musiker_innen anderer Disziplinen wie der klassischen Musik auf die Hände zu schauen. Damit schulte und erweiterte ich meine Kenntnisse der Harmonielehre und der Komposition und trainierte meine Klaviertechnik, um meine Werke mit der notwendigen Variationsbreite ausdrücken zu können, denn im Flamenco ist das Klavier kein gewöhnliches Instrument, und es gibt so gut wie keine Quellen, die man anzapfen kann, um die Wissbegier zu stillen. Die allgemeine Musiklehre und die tägliche Disziplin zur persönlichen Fortentwicklung sollten bei der Herausbildung und Entfaltung einer jeden Musikkultur immer Ziel sein.
Diese zwei Ebenen bilden zweifelsohne meine Identität.
Und hier nehme ich den Faden wieder auf, bei meiner Selbstdefinition als Musiker.
Es ist der Flamenco unseres Hauses, ein detailreicher Flamenco, der Übertreibungen scheut, eine süße und doch bittersüße Musik, melancholisch im Ausdruck, elegant, fröhlich und so feierlich wie tragisch, stets auf alle Klänge achtend, damit sie die Ästhetik der Feinsinnigkeit nicht zerstören. Von jeher haben unsere Ältesten besonderen Wert darauf gelegt, uns weniger mit Worten denn mit ihrer Lebenseinstellung und ihrem Alltag zu vermitteln, dass Eleganz in der Kunst nur dann möglich ist, wenn es im Leben Eleganz gibt. Ein Beispiel für diese Erziehung ist die Schaffung kleiner Codes zur Definition gewisser Menschen, die bei bestimmten Zusammenkünften nicht wissen, wie sie das Zusammensein auf diese Art leben sollen; wir bezeichneten sie etwa als Insonrribles, ein Begriff, der Personen mit einem deplatzierten, taktlosen Verhalten definiert.
Mithilfe der Musik suchen wir nach Leichtfüßigkeit, wir lassen uns gerne treiben, leben im Augenblick und landen dabei oft und gern in erhabenen Momenten, die uns in unserer Identität stärken, unserer Identität als Gitanos. Ich glaube, dass wir deshalb diese familiären Momente so kultivieren und alles Erzwungene ablehnen, als spiele der Takt des Lebens und der Musik nach Art der Bach’schen »Kunst der Fuge« in subtilen Kontrapunkten, die wahre Momente der Bekenntnis erzeugen und Emotionen in den anderen evozieren, immer – und ich wiederhole mich – unter dem Gebot der Eleganz und der Feinsinnigkeit.