»Nicht der Schrift-, sondern der Photographieunkundige wird, so hat man gesagt, der Analphabet der Zukunft sein. Aber muss nicht weniger als ein Analphabet ein Photograph gelten, der seine eigenen Bilder nicht lesen kann?«
Walter Benjamin (1931, zitiert aus: Gesammelte Schriften II-2, 1977, 385/64)
Kuratiert von André Raatzsch
Die Wirklichkeit wird immer stärker gleichgesetzt mit dem, was in Medien, Film und Fotografie dargestellt wird. Ob dies jedoch wirklich die Realität ist, darf infrage gestellt werden. Es ist unsere Verantwortung und unser demokratisch gewährtes Recht, zu entscheiden, was wir in Bildern sehen: Sehen wir »Fremde« oder sehen wir unsere »Mitbürger_innen«? Wird es eine europäische Bilderpolitik geben, in der wir die komplexen Zusammenhänge unserer Gesellschaft und Geschichte besser erklären können? Eine Bilderpolitik, in der das Medium Fotografie dazu dienen kann, das eigene Selbstbild wiederherzustellen – ein Selbstbild, das uns eine Zukunft verspricht. Wir brauchen Fotografien, die uns menschenwürdig darstellen, die unsere, aus dem kollektiven Gedächtnis verdrängten und verlorenen Erinnerungen für alle sichtbar machen; Bilder über Sinti und Roma, die an das verlorene Wissen über die gemeinsam erlebte Geschichte in Europa anknüpfen und unser gemeinsames Schicksal in den Vordergrund stellen. Wird einmal der festschreibende Blick der dominanten Repräsentationstrategien geändert und eine Bilderpolitik geschaffen, in der Fotografien für Gleichberechtigung und Menschenwürde eingesetzt werden? Alle, die Medien gestalten, Bilder machen, Bilder betrachten und fotografiert werden, stehen vor der großen Herausforderung, eine gemeinsame Bilderpolitik zu entwerfen, die uns allen eine bessere Zukunft verspricht.
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