Abstract
Im Jahre 1538 wurde in Mähren erstmals festgelegt, dass die Rom_nja »ausgerottet und verbannt« werden sollen. 1545 verbot Ferdinand I., König von Böhmen, Kroatien und Ungarn und später Kaiser des Heiligen Römischen Reichs, ihre Anwesenheit.
Nach dem Dreißigjährigen Krieg herrschten schwere Zeiten für die Rom_nja. »Zigeuner« wurden zu Ausgestoßenen erklärt. Mitglieder von Roma-Gemeinschaften lernten daher, im Untergrund zu überleben, ihr eigenes Leben zu schützen und der herrschenden Schicht zu misstrauen.
Während der Herrschaft Karls VI. (1711 bis 1740) erreicht der Terror gegen die Rom_nja seinen Höhepunkt. »Zigeunern« zu helfen wurde zu einem Grund für Bestrafung. Im 18. und 19. Jahrhundert folgten Rom_nja aus der Slowakei einer Familie, die unter dem Schutz des Kounitz-Adels stand. Auch wenn sie niemand ermutigte, sich anzusiedeln, bemühten sich die Rom_nja um ein dauerhaftes Zuhause. Die Rom_nja in Böhmen blieben im Gegensatz zu denen in Mähren mobil.
Die erste Tschechoslowakische Republik erließ ein Gesetz, gegen die »wandernden Zigeuner«. Die sich entwickelnde Demokratie folgte dem französischen und bayerischen Vorbild und versuchte, sich vor der sogenannten »Zigeunerpest« zu schützen. Nach dem »Münchner Abkommen« vom 29. September 1938 zogen Rom_nja und deutsche Sinti_ze aus den neu entstandenen nationalsozialistischen Gebieten weg. Schon vor der deutschen Besetzung wurde eine Verordnung über Zwangsarbeiterlager erlassen. Basierend auf Heinrich Himmlers »Auschwitz-Erlass« vom 16. Dezember 1942 fanden massive Deportationen von Rom_nja aus dem Protektorat nach Auschwitz statt. Fast die gesamte Gemeinschaft der tschechischen und mährischen Rom_nja sowie der deutschen Sinti_ze wurde umgebracht.
Nach 1945 begannen Rom_nja aus der Slowakei, in die tschechischen Länder zu kommen. Das kommunistische Regime gewährte ihnen de facto die gleichen Rechte wie allen anderen Bürger_innen. Nach dem sowjetischen Vorbild nahm die Kommunistische Partei der Tschechoslowakei ein Modell der staatlich gesteuerten Assimilation der »Zigeuner« an.
Nach 1989 wurden die Rom_nja als Teil des Regenerationsprozesses bis zur Teilung in zwei Staaten in der Gesellschaft akzeptiert. Dann begann sich alles zum Schlechten zu wenden und es kam zu ersten Opfern von Gewalttaten unter den Rom_nja. Weder die Exekutive noch die Justiz hatten den politischen Willen, die rassistische Motivation solcher Verbrechen anzuerkennen.
Zwischen 1992 und 1997 verschärften sich die katastrophalen Bedingungen für die Rom_nja und ihre ungleiche Stellung in der Gesellschaft.
Der Holocaust an den Rom_nja im Protektorat Böhmen und Mähren blieb bis vor Kurzem unbekannt. Leider wäre es wahrscheinlich so geblieben, wenn sich öffentlichkeitswirksame Proteste, die ursprünglich Teil von Gedenkveranstaltungen in einem der beiden Konzentrationslager im ehemaligen Protektorat waren, nicht gegen die langjährige Präsenz einer Schweinefarm auf dem Gelände des Lagers ausgesprochen hätten.
Rom_nja in der Slowakei
Die ältesten Aufzeichnungen von Rom_nja in der Slowakei stammen aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Sie kamen aus Budín über Košice nach Bratislava und präsentierten sich als »Büßer_innen aus Kleinägypten«. Die Einheimischen verhielten sich zunächst gastfreundlich. Adlige, Monarchen und sogar der Papst erließen Schutzbefehle und Geleitschutzbriefe.
Das Osmanische Reich erweiterte seine Grenze im 16. und 17. Jahrhundert auf den südlichen Teil der Slowakei. Zur Zeit des Krieges nutzten beide Seiten die Dienste der lokalen Bevölkerung. Dies war eine Gelegenheit für Roma-Schmiede, die nun Teile der Waffen herstellen konnten. Die Rom_nja an Adelshöfen fungierten als Musiker_innen und Soldaten zugleich.
Bemühungen, das Leben der Roma und Sinti zu reglementieren, begannen Ende des 19. Jahrhunderts. Als vorbereitende Maßnahme wurde eine Volkszählung durchgeführt. Im Jahr 1893 lebten in Ungarn (damals Österreich-Ungarn) fast 245.000 Roma und Sinti. Bis zu 90 Prozent von ihnen waren sesshaft.
Nach der Geburt der Tschechoslowakei im Jahr 1918, deren slowakische Gebiete viele Rom_nja umfassten, gab es große Anstrengungen, die Kontrolle über die umherziehenden Rom_nja zu übernehmen. Das traurigste Kapitel der modernen Geschichte der Sinti und Roma ist die Zeit des Zweiten Weltkriegs. Der militärische slowakische Staat folgte den diskriminierenden und rassistischen Gesetzen des nationalsozialistischen Deutschland. Im Einklang mit dem Militärgesetz wurden den Rom_nja und Juden die Möglichkeit genommen, sich bei der Wehrmacht einzuschreiben. Sie wurden gezwungen, in Arbeitslagern als Bauarbeiter_innen zu arbeiten.
Die Verfolgung der Rom_nja erreichte ihren Höhepunkt im November 1944. Ein sogenanntes »Zigeunerlager« wurde gebaut und Roma-Familien wurden dorthin deportiert. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wanderten Rom_nja aus der Slowakei in die tschechischen Länder ein, wo sie bessere Arbeits- und Wohnverhältnisse finden konnten. Die staatlichen Stellen weigerten sich jedoch, die Rom_nja als ethnische Gruppe zu betrachten. Sie benutzten nicht einmal den Begriff Rom_nja oder »Zigeuner«, sondern »Menschen zigeunerischer Herkunft«.
Die politische Zäsur 1989 bedeutete für die Rom_nja das Recht auf Selbstbestimmung. 1991 erhielten sie mit den neu verabschiedeten »Grundlagen der Regierungspolitik der Slowakischen Republik gegenüber den Rom_nja« den Status einer nationalen Minderheit. Infolge der sozioökonomischen Transformation ist die Mehrheit der slowakischen Rom_nja jedoch wieder mit sozialer Ausgrenzung konfrontiert. Um eine auf die Integration ausgerichteten Richtlinien zu koordinieren, wurde 2001 der slowakische Regierungsbevollmächtigte für die Roma-Gemeinschaften eingerichtet. Die Demokratisierung der Gesellschaft ermöglichte die Bildung der politischen Repräsentation der Rom_nja. Mehrere politische Roma-Parteien wurden gegründet, aber keine von ihnen erhielt bisher genügend Stimmen, um sich Sitze im Parlament zu sichern.