Abstract
Die erste Erwähnung von Rom_nja auf dem Gebiet der Walachei und Moldawiens geht auf das Jahr 1385 zurück.1 In einem königlichen Edikt, das vom walachischen Herrscher, dem Woiwoden Dan I. (1383–86) ausgestellt wurde, wird in einer Übertragungsurkunde die Abtretung von »40 Tsigan-Familien« aus dem Kloster St. Antonius in Voditza ins Kloster der Jungfrau Maria in Tismana festgehalten.
In den zwei rumänischen Reichen Moldawien und Walachei wurde die Sklaverei für Rom_nja Mitte des 19. Jahrhunderts abgeschafft: in Moldawien 1855 unter der Herrschaft von Grigore Ghica und in der Walachei 1856 unter der Führung von Barbu Știrbei.2 Nach dem Ende der Sklaverei versuchten die Rom_nja einen neuen Weg einzuschlagen, viele durch Emigration.3
Während des Zweiten Weltkriegs (1939–45) verfolgte Rumänien die Massenvernichtungspolitik der Regierung von Mareșal (Marschall) Ion Antonescu, was bedeutete, dass etwa 90.000 Rom_nja nach Transnistrien deporiert wurden.4 Etwa die Hälfte starb auf dem Weg – an Hunger, Typhus und Mangelernährung.5 1945 wurden im Zuge einer Landreform 20.000 ethnisch den Rom_nja zugeordnete Personen als Dank für die Teilnahme am Partisanenkrieg zu Landeigentümer_innen gemacht.6 Umherziehende Rom_nja wurden mit diversen Maßnahmen belegt, die ihre Freizügigkeit einschränkten.7 Rom_nja existierten offiziell nicht. Ihre »Eigenheiten« wurden mit ihrer niedrigen sozialen Stellung in Verbindung gebracht, und die traditionell von Rom_nja ausgeübten Tätigkeiten bewegten sich am Rande der Legalität. Viele von ihnen fielen unter die Bestimmungen des »Dekrets Nr. 153/1970«, nach dem »sozialer Parasitismus«, »Anarchismus« und anderes »abweichendes Verhalten« mit Gefängnis und Zwangsarbeit bestraft wurde.
Die Zeit unmittelbar nach dem Ende des Kommunismus war für die Bürger_innen Rumäniens entscheidend, um den Anspruch auf politische und gesellschaftliche Rechte zu schaffen und geltend zu machen. Zum ersten Mal in der Geschichte des modernen Rumänien hatten Rom_nja 1990 das Recht zur direkten politischen Vertretung erworben. Zudem wurden sie nun auch als nationale Minderheit anerkannt.8 Der Zusammenbruch des kommunistischen Regimes in Rumänien eröffnete Rom_nja die Möglichkeit, eigene historische Forderungen zu stellen, die Diskriminierung zu bekämpfen, als nationale Minderheit anerkannt zu werden, ihre Communitys zu organisieren, ethnischen Schutz einzuklagen (wozu Rumänien als EU-Mitgliedsstaat verpflichtet ist) und schließlich auch sozio-ökonomische Maßnahmen einzuleiten, die den Graben zu den anderen Bevölkerungsteilen in Sachen Einkommen und Armut schließen sollten.