Als »Fremdkörper« stigmatisiert
Mit dem Gesetz über die Staatsbürgerschaft vom 25. September 1939 wurden alle »nomadischen« Roma, alle Saisonarbeiter_innen sowie diejenigen, die untereinander Romanes sprachen, als »Fremdkörper« definiert. Ihnen standen keine Bürgerrechte und politischen Rechte zu, sie wurden aus der Gesellschaft ausgeschlossen. »Zigeunern« wurde das Heimatrecht abgesprochen, es wurden Gewerbescheine und Landfahrerausweise entzogen und der Pferdehandel verboten.
Roma wurden in ihre Heimatgemeinden verwiesen und dort unter Polizeiaufsicht gestellt. Ihre Wohnorte konnten sie nur mit einer Erlaubnis verlassen. »Nomadische« Roma wurden gezwungen, ihre Wagen und Zugtiere zu verkaufen. Ortsansässige Roma zwang man, ihre Wohnstätten in der Nähe von frequentierten Wegen abzureißen, und siedelte sie gewaltsam in separate »Zigeunersiedlungen« an entlegenen Orten um. Im Anschluss daran wurde ihre Freizügigkeit aufgehoben oder eingeschränkt.
Zwangsarbeit in »Arbeitskompanien«
1940 wurden Juden und »Zigeuner« aus der Armee entlassen und vom Wehrdienst ausgeschlossen. Bei der Einziehung war die »rassische Herkunft« zu prüfen. Anstelle des Kriegsdienstes wurden Roma nun in separate »Arbeitskompanien« gezwungen. Im Laufe der Jahre 1942 bis 1944 wurden außerdem mehrere Arbeitskompanien für »asoziale Elemente« eingerichtet. Da der Begriff »Asozialität« sehr willkürlich ausgelegt wurde und die Entscheidungen für die Einweisung von lokalen Gemeindekomitees getroffen wurden, stellten Roma bald durchschnittlich die Hälfte der in die Arbeitslager Eingewiesenen. So wurden zum Beispiel während der ersten Rekrutierungsphase ungefähr 2.700 Personen ausgehoben, von denen mehr als die Hälfte Roma waren.
Eskalation der Verfolgung seit August 1944
Mit der Besetzung der Slowakei durch die deutsche Wehrmacht im August 1944 eskalierte die Verfolgung von Roma. Im Zuge des Slowakischen Nationalaufstands vom August 1944 wurden Roma auch Opfer von Terrorakten, die zur Niederschlagung des Aufstands verübt wurden. Es erfolgten Überfälle auf Siedlungen und deren Brandschatzung, auch wurden Roma wegen tatsächlicher oder vermeintlicher Unterstützung der Partisanenbewegung ermordet.
Die frühere Arbeitskolonne in Dubnica nad Váhom diente ab November 1944 als »Sicherungslager für Zigeuner«. Das Lager war für ungefähr 300 Personen vorgesehen und Ende 1944 bereits mit der doppelten Anzahl von Gefangenen belegt. Als eine Typhusepidemie im Lager ausbrach, wurde eine Quarantäne über das Lager verhängt. Diejenigen, die mit Typhus infiziert waren, wurden Ende Februar 1945 in der Nähe des Lagers erschossen. Anfang April, am Vorabend der Befreiung der Stadt, wurde das Lager aufgelöst.
Auf dem von Ungarn konfiszierten slowakischen Staatsgebiet erfolgten Ende 1944 Deportationen von Roma in ein Sammellager in Komárno (ungarisch Komárom) und von dort aus in das Konzentrationslager Dachau.
Generationenübergreifende Auswirkungen
Bis heute ist die Lebenssituation von Roma in der Slowakischen Republik von den Folgen der rassistischen Staatspolitik während des Zweiten Weltkriegs geprägt. Familiäre Strukturen, gültige und respektierte kulturelle Normen und die ökonomische Basis waren zerstört, die Verbindungen mit der Mehrheitsgesellschaft gekappt worden. Tausende Roma mussten nach dem Krieg zwangsweise aus dem slowakischen in den tschechischen Landesteil umsiedeln, wo nahezu alle Roma getötet worden waren.
Die Verfolgung von Roma während des Zweiten Weltkriegs wurde erst seit den 1970er Jahren zu einem Forschungsgegenstand. Neben Archivmaterial erschien ein Sammelband mit Erinnerungen von Überlebenden, die Milena Hübschmannová seit Ende der 1970er Jahre aufgezeichnet hatte. Seit 2005 wurden in der Slowakischen Republik im Rahmen des Projekts »Ma bisteren!« der Nichtregierungsorganisation »In Minorita« sieben Gedenkstätten zur Erinnerung an den Genozid an den Roma eingeweiht.