[München 1946]
Ein weiterer Bericht von:
Laubinger, Josef
geb. 15.6.21 in Berghau[pt]en/Baden.
Bis zum Jahre 1939 war ich bei einer Firma als Chauffeur tätig und verdiente mir von meiner Hände Arbeit das tägliche Brot.
Vor dem Jahre 1933 hatte ich dem »Rot-Sport« angehört, was eine kommunistische Sportvereinigung war. Das sollte mir aber nun zum Verhängnis werden, denn man verhaftete mich 1939 mit der B[e]gründung, daß ich ein politischer Gegner der Nazis sei, weil ich vor 1933 dem oben erwähnten Bund angehört habe.
Zuerst verbrachte man mich in das K[onzentrationslager] Dachau, von wo ich nach einiger Zeit nach dem K[onzentrationslager] Auschwitz überstellt wurde. Dort traf ich meine ganze übrige Familie. Meine Frau hatte in Auschwitz ihre sämtlichen Angehörigen verloren durch Vergasung. Nach einem kurzen Zusammensein wurden wir getrennt. Meine Frau kam nach dem K[onzentrationslager] Ravensbrück und ich wurde nach dem K[onzentrationslager] Buchenwald abtransportiert.
Da wurden eines Tages im Lager Buchenwald 40 Zigeuner herausgesucht zum Abtransport nach Dachau. Unter diesen 40 befand auch ich mich. Was wir in Dachau sollten, wußten wir noch nicht, aber lernten es bald aus eigener Anschauung kennen. Wir waren nämlich für die verschiedenen Versuchs-Abteilungen bestimmt.
Zuerst wurde ich zu den Salz-Wasser-Versuchen mit herangezogen, deren Schilderung ich mir ersparen kann, da sie eingehend von einem anderen Leidensgenossen in einem Bericht erwähnt wurden.
Weiterhin wurde ich dann zu den Malaria-Versuchen herangezogen. Auch über diese Versuche brauche ich nicht weiter viel Worte verlieren, denn auch darüber ist schon genügend gesprochen worden. Nur [so] viel wäre dazu zu sagen, daß man uns dadurch für lange Jahre unseres Lebens gesundheitlich ruiniert hat. Zwei und eine halbe Woche lang lag ich auf der Malaria-Station.
Als weiteres Versuchsobjekt wurde ich dann zu den bewußten Versuchen der Luftwaffe in Eis-Wasser befohlen.
Ich will Ihnen kurz den Vorgang dieser Versuche schildern. Ich wurde vollkommen entkleidet in einen großen Behälter mit kaltem Wasser (Temperatur wie Meerwasser nördlicher Breitengrade) hineingestellt. Mehrere T[her]mometer wurden an mir befestigt, um eine Kontrolle über die Reaktionen zu haben. So ließ man mich lange Zeit, schon nachdem ich bewußtlos geworden war, in dem Wasserbecken drinnen. Nachdem wurde ich in ein Bett gelegt mit einer Mithäftlingin [sic], um wieder durch die fremde Körperwärme zu mir zu kommen. Kurz vor dem Zurückkehren des Bewußtseins wurde das Mädel dann wieder entfernt. Wohl war für diese Versuchszwecke eine zusätzliche Kost befohlen, von der wir aber nie etwas zu sehen bekamen, da sie anderweitig ihre Abnehmer fand. (Es waren Alkohol, Bohnenkaffee [und so weiter] zur Verfügung gestellt gewesen! Der Verfasser.)
Nachdem ich diese Kuren soweit gut überstanden hatte, wurde ich nach Salzburg zu einem Bombensucher-Kommando eingesetzt. Auch mit diesen Kommandos wurde ein großer Schwindel betrieben. Man hatte den Leuten versprochen gehabt, wenn sie eine bestimmte Anzahl von Blindgängern entschärft hätten, würden sie entlassen. Von alle dem war kein Wort wahr und [v]iele hatten ihr Leben umsonst auf’s Spiel gesetzt. – Bis zum Einmarsch der alliierten Truppen war ich in Salzburg und wurde dort befreit.
Josef Laubinger
[Unterschrift]