Joaquín Albaicíns Roman »La serpiente terrenal (un vodevil de hoy)« (›Die irdische Schlange. Ein Vaudeville von heute‹) beschäftigt sich mit dem enigmatischen Gründungsmythos der Rom_nja, in dem Elemente sämtlicher Weltreligionen ineinander verschmolzen sind. Eingebettet in die hinduistische Kosmologie wird hier die Geschichte des Madrider Flamenco-Gitarristen Pepe erzählt, der sich im »Zeitalter des Streits und Verderbens« (Kali-Yuga) gegen die bösen Mächte durchsetzen muss.
Formal auffällig ist dabei zum einen die hohe Dialogizität und damit die Nähe zur oralen Erzähltradition und zum anderen, dass die Grenzen zwischen realistischer Deskription, die an die Kunstströmung des costumbrismo denken lässt, und traumhaft-phantastischer Erzählung wie bei Werken des magischen Realismus durchlässig sind.
Interessant ist ferner der Untertitel »Un vodevil de hoy« (›Ein Vaudeville von heute‹): Er irritiert insofern, als der Roman im Gegensatz zur multimedial gestalteten Unterhaltungsgattung des Vaudeville (Unterhaltungstheater mit Gesang und Instrumentalbegleitung) rein monomedial als Erzählung konzipiert ist.
Das unterhaltende Element in dieser Erzählung manifestiert sich im ironischen Stil in der Tradition von Ramón María del Valle-Inclán (1866–1936). Albaicíns Roman ist auch ein Ausspruch Valle-Incláns als Motto vorangestellt. Es handelt sich so um ein bewusst eingesetztes Spiel mit der Erwartungshaltung der payo- (Nicht-Roma)-Leser_innen, um ein Anschreiben gegen literarische Normen der Mehrheitsliteratur und damit um den Versuch, eine neue Form spanischer Literatur zu schaffen