Wenn das Psychodrama als Unternehmen definiert wird, in dem »Wahrheit« mittels dramatischer Methoden erforscht wird, und als Genre, das sich mit zwischenmenschlichen Beziehungen und dem Privatleben beschäftigt, dann ist Regisseur Zoran Tairovićs »Sandokan Nikolić – The bare Truth« (›Sandokan Nikolić – die nackte Wahrheit‹) ein vielschichtiges Beispiel für dieses Genre.
Der Kern von Tairovićs Regiephilosophie beruht auf den Phänomenen der Direktheit und Kreativität. Die Spontaneität des Roma-Amateurschauspielers Sandokan Nikolić und sein Talent, persönliche Erfahrungen und Ideen darzustellen, die jeder Mensch mit sich trägt und die ihn von anderen unterscheiden, geben dem Regisseur die Möglichkeit eines einnehmenden kreativen Ausdrucks.
Die Förderung der Spontaneität im Menschen führt zur Schaffung eines freien Geistes, der Eigenschaften wie Neugier, Ausdruckskraft, Kritikfähigkeit, Verantwortung, Lust, Einfallsreichtum, Intuition, Freiheit im sozialen Kontakt und soziales Experimentieren besitzt. Diese Elemente sind unsere natürlichen Eigenschaften – sie sind das Vermächtnis, das wieder integriert werden muss, um die enorme psychische Energie zu nutzen, die als Quelle für die Bewältigung der Schwierigkeiten in einer sich ständig verändernden Welt dienen kann.
Und in der Tat: Sandokan Nikolić hat Schwierigkeiten, die es zu überwinden gilt. Der Held dieses Psycho-Monodramas steht mit einer heftigen Lebensgeschichte vor dem Publikum. Er beabsichtigt, Selbstmord begehen, was er dem Regisseur in der Vorbereitungsphase des Stücks mitteilt. Um ihn vor dem sicheren Tod zu bewahren, beschließt dieser, Nikolić durch ein Psychodrama zu »zwingen« und ihm zu helfen.
Die Performance des Amateurs mit Roma-Herkunft ist eine magische Improvisation. Er will wegen seines Liebesunglücks sterben. Seine Frau hat ihn verlassen und er hat seinen Lebenssinn verloren. Sandokan Nikolić besitzt kein Leben ohne Soka, der Frau, die ihn verlassen will. In der Soloperformance vergisst der Hauptdarsteller versehentlich, in welcher Tasche sich sein geschriebener Text befindet, was ihn zu einer leidenschaftlichen Improvisation zwingt, während seine Requisiten vom Tisch fallen.
Der Regisseur glaubt an die Potenziale des Menschen, an Spontaneität und Kreativität, die durch das Theaterspiel entstehen und die schließlich zu einem brillanten Stück führen, das von Liebe und Leid spricht – und von der Bewältigung der inneren und äußeren Anstrengungen, die wir Leben nennen.